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Archiv-Artikel

Iraker schutzlos vor Beschützern

Amnesty international wirft britischen Soldaten Tötung von Zivilisten ohne Bedrohung vor. Organisation fordert unabhängige Untersuchung. Britische Regierung wollte sich nicht äußern

LONDON/WASHINGTON dpa/afp Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat neue schwere Vorwürfe gegen britische Soldaten im Irak erhoben. Danach haben sie nicht nur Gefangene misshandelt, sondern auch irakische Zivilisten getötet, von denen keinerlei Bedrohung ausging. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte den am Dienstag in London veröffentlichten Bericht nicht kommentieren.

Amnesty-Direktorin Kate Allen forderte jedoch unabhängige zivile Untersuchungen der Vorfälle. „Die Tötungen durch britische Soldaten, ohne dass sie oder andere in einer lebensbedrohenden oder sehr gefährlichen Situation gewesen wären, werden im Geheimen und hinter verschlossenen Türen untersucht“, kritisierte sie. Nur in 18 von 37 ihr bekannten Fällen, in denen Soldaten Iraker ohne unmittelbare Bedrohung erschossen hätten, seien Untersuchungen angestellt worden.

Der amnesty-Bericht stützt sich auf Besuche von Menschenrechtlern im von den Briten kontrollierten Süden des Irak im Februar und März dieses Jahres.

Irakische Gefangene sollen nach einer Untersuchung des US-Militärs nicht systematisch misshandelt worden sein. „Wir haben keine Beweise für Befehle gefunden, die die Soldaten anwiesen, zu tun, was sie getan haben“, sagte Generalmajor Antonio Taguba, der den Skandal untersucht hat, gestern bei einer Anhörung im Kongress in Washington. Vielmehr seien die aufgedeckten Fälle von Misshandlungen auf ein Versagen der Führungsstrukturen zurückzuführen, fügte er hinzu.

Taguba prangerte mangelnde Disziplin, fehlende Ausbildung und nicht vorhandene Aufsicht der Soldaten und Militärpolizisten an. Die Gefangenen seien zudem mehrfach in andere Gefängnisse gebracht worden, um Untersuchungen des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz zu umgehen. Das IKRK hatte wegen der Misshandlungen in Washington mehrfach Alarm geschlagen, ohne die Vorwürfe jedoch öffentlich zu machen. Taguba hatte die Vorgänge im Militärgefängnis Abu Ghraib Anfang des Jahres untersucht und die Misshandlungen in einem 53 Seiten umfassenden vertraulichen Bericht an die Armeespitze dokumentiert.