Kurzschlusshandlung kommt zur Anzeige

Bauwagenplätze fordern Bürgermeister Ole von Beust zu konstruktiven Verhandlungen zur Lösung der Problematik auf. Wegen der Auflösung der Wagen-Demo am Hafenrand hagelt es Strafanzeigen gegen Polizisten wegen Sachbeschädigung

von KAI VON APPEN

Die geräumte Bambule-Gruppe und VertreterInnen aller anderen Hamburger Bauwagenplätze haben gestern CDU-Bürgermeister Ole von Beust auf einem Pressegespräch öffentlich dazu aufgefordert, in „konstruktive Verhandlungen zur Lösung der Bauwagenfrage“ einzutreten. „Der Senat muss sich bewegen, da sonst ständig Unruhe in der Stadt herrscht“, ermahnt Bambule-Sprecher Bernd Welte. „Wir brauchen einen Platz, weil wir in Ruhe hier leben wollen.“

Indes wird die Auflösung der Wagendemo am Hafenrand vor knapp drei Wochen ein juristisches Nachspiel haben. „Es ist beim Verwaltungsgericht Feststellungsklage gegen die Polizei eingereicht worden, dass die Auflösung rechtswidrig war“, berichtet Bambule-Anwalt Andreas Beuth. „In den nächsten Tagen werden überdies Strafanzeigen wegen Sachbeschädigung gegen die Polizeiführung und die an den Demolierungen konkret beteiligten Beamten eingereicht.“

Damit werden auf die Staatsanwaltschaft auf einen Schlag Dutzende von Ermittlungsverfahren gegen die unifomierten AutoknackerInnen zukommen. Wie berichtet, hatte die Polizei die zeitlich begrenzt angelegte Versammlung, ohne den Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuwarten, aufgelöst, die rund 100 Bauwagen aus dem gesamten Bundesgebiet aufgebrochen, Lenkradschlösser geknackt, kurzgeschlossen und weggefahren. Dabei ist an den Wohnmobilen ein Sachschaden von über 10.000 Euro entstanden. „Die Fahrzeuge hätten allenfalls abgeschleppt werden dürfen“, bekräftigt Beuth. Und selbst das war eigentlich nicht sauber, da die Beeinträchtigung des Verkehrs durch eine Versammlung laut Bundesverfassungsgericht kein Auflösungsgrund sei. „Die europaweite Demo hatte in Hamburg stattgefunden, da die Lage hier besonders prekär ist“, so Welte.

Der Bambule-Sprecher appelliert an von Beust „der sich ja als Hanseat gern weltoffen gibt“, nach seinem Räumungsmoratorium für den Wagenplatz Henriette und seinen Andeutungen, das Bauwagengesetz womöglich ändern zu wollen, Nägel mit Köpfen zu machen. „Bislang hält die Stadt an ihrer Räumungspolitik fest“, bestätigt Henriette-Sprecher Leonhard Friedrich. Acht Wochen nach der Ankündigung, in Verhandlungen einzutreten, so Friedrich, „hat sich an unserem rechtlichen Status nichts geändert, obwohl seit drei Jahren ein Vertrag unterschriftsreif in der Schublade des Bezirksamtes Eimsbüttel liegt.“

Und da der Senat an der Räumung des Wagenplatzes Wendebecken Ende August festhält, schlagen die Plätze Alarm. „In der Vorgängerkoalition waren die Leute von der Schill-Partei die Bösen“, konstatiert Welte. „Nun zeigt die CDU, dass sie auch allein den Kurs weiterführt.“

Die Wagengruppen fordern daher, dass das Wohnen in rollenden Unterkünften in Hamburg endlich als „Lebensform“ akzepiert wird. „In anderen Städten ist das auch möglich“, so eine Bewohnerin des Platzes Rondenbarg. Und zwar nicht als sozialpädagogische Maßnahme, um mittellose, psychische und physische menschliche Wracks zu stabilisieren, wie es kürzlich in einer Stellenanzeige des Bezirksamts Altona geheißen habe.

„Wir machen uns Gedanken, wie mit den Standorten umgegangen wird“, bremst Senatssprecher Christian Schnee die Kritik aus: „Es muss eine dauerhafte und gute Lösung sein – wir stehen nicht unter Zeitdruck.“