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Archiv-Artikel

Ein ganz zentrales Trauma

Massive Kritik der Ärztevertretung Marburger Bund am Landesbetrieb Krankenhäuser: Der LBK ordnet kurz vor der Entscheidung über seine Privatisierung die Unfallchirurgie mit dem Konzept „Traumaklinik“ neu – zum Unwillen von Ärzten

Von Marco Carini

Der Hamburger Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) geht neue Wege: Schwerst-Unfallopfer sollen in Zukunft zentral in einer „Traumaklinik“ auf „höchstem Niveau“ versorgt werden. Unter Leitung des „Zentralstandorts“ St. Georg umfasst die neue „Traumaklinik“ auch die Unfallchirurgien der LBK-Kliniken in Wandsbek, Barmbek und Eilbek. Die Ärztevertretung des Marburger Bundes kritisiert dies allerdings scharf.

„Die Qualität der Behandlung steigt, wenn eine große Zahl von Patienten versorgt wird“, begründet Christoph Eggers, Leiter der Unfallchirurgie in St. Georg, die beschlossene Zentralisierung. Internationale Studien würden beweisen, dass die Sterberate von Patienten bei lebensbedrohlichen Eingriffen umso höher sei, je weniger entsprechende Operationen an dem Klinik-Standort durchgeführt werden.

Zudem stehe nicht in allen LBK-Kliniken ausreichend „hoch qualifiziertes Personal für die medizinische Betreuung von schwerstverletzten Unfallopfern zur Verfügung“. Seltene, hochkomplexe Unfallfolgen wie Verletzungen des Schädels oder des Brustkorbs sollen innerhalb der LBK-Krankenhausverbundes deshalb nur noch im AK St.Georg behandelt werden, das in zwei Jahren eine hochmoderne neue Unfallnotaufnahme bekommt. 90 Prozent aller unfallchirurgischen Eingriffe könnten aber auch in Zukunft in allen LBK-Kliniken durchgeführt werden.

Doch die Traumaklinik dient nicht nur dem Wohl der Patienten. Da Behandlungen von den Kassen nur noch nach Fallpauschalen abgerechnet werden, geraten Spezialkliniken, die bevorzugt besonders komplizierte – und damit kostensive – Fälle eines Krankheitsbildes betreuen, zunehmend in eine wirtschaftliche Schräglage. Im Klartext: St. Georg, schon heute Hochburg der Behandlung schwerstverletzter Unfallopfer, kommt mit seinem Budget nicht mehr hin – über einen internen Finanzausgleich zwischen den vier Standorten der Traumaklinik soll nun ein Finanzausgleich stattfinden.

Zudem führt die Zentralisierung dazu, dass nicht mehr alle Kliniken teure Materialien wie etwa Spezialprothesen und rund um die Uhr hoch ausgebildetes Personal vorhalten müssen. So sollen bestimmte Unfallverletzungen, die außerhalb der ärztlichen Regelarbeitszeiten auftreten und einer sofortigen Operation bedürfen, nur noch in St. Georg versorgt werden. Für die anderen Kliniken wird so ein entsprechender Nacht-Notdienst überflüssig.

Massive Kritik löst das neue Konzept bei der Ärtztevertretung Marburger Bund aus. Deren Hamburger Sprecherin, Angela Dickhöver-Döring kann nicht verstehen, „warum noch kurz bevor die Entscheidung über einen Verkauf von LBK-Anteilen getroffen wird, dieser so massiv umstrukturiert“ werde. Klar sei aber, „dass die Privatisierung einzelner medizinischer Zentren“, die schnell in eine andere Rechtsform überführt werden könnten, „vergleichsweise einfach“ sei. Dickhöver-Döring: „Hier werden im Eilverfahren Fakten geschaffen, medizinische Bereiche aus den bestehenden Krankenhäusern herausgelöst.“

Zudem seien die meisten Ärtzte, die das Konzept umsetzen sollen, „in die Entscheidung nicht einbezogen worden“. Daher sei es „völlig unklar, wie die betriebliche Wirklichkeit in der Traumaklinik mit ihren vier Standorten aussehen soll.“ Unbefristet angestellten und damit faktisch unkündbaren Ärzten, die unter der der Leitung der Traumaklinik arbeiten sollen, seien zudem von deren Geschäftsführung „peinliche Arbeitsverträge mit halbem Jahr Kündigungsfrist“ angeboten worden. Dickhöver-Döring: „Da rollt eine Prozesslawine auf uns zu.“