: berliner szenen Am Winterfeldtplatz
Von 0 bis 1 Uhr
Wie erwartet, startet dieses Projekt als Übung in Demut. Der Winterfeldtplatz in Schöneberg an einem Dienstag im Mai von 0 bis 1 Uhr ist ein gelassener Ort. In den Gaststätten Tim’s und Amrit, die den Eingang zur Maaßenstraße wie ein Tor bewachen, sitzen noch ein paar Gäste draußen. Im Slumberland wird zumindest noch drinnen ohne Hast weiter getrunken. Ich setze mich auf eine der beiden roh behauenen Holzbänke vor dem Falafelladen Habibi und trinke für 50 Cent einen Tee. Vor mir laufen vereinzelt Menschen, während von hinter mir das Arabisch der Falafelverkäufer durch die Tür schallt.
Ein oder zwei Paare streben immer über den Platz; wenn sie aus dem Blickfeld verschwunden sind, kommen von irgendwoher neue. Keiner bleibt irgendwo stehen. Um 0.33 Uhr fährt langsam ein Polizeiwagen – BMW Kombi – durch die Einbahnstraße. Um 0.39 Uhr rennt ein junges Paar lachend über den Platz Richtung Maaßenstraße, die dynamischste Szene dieser Stunde.
Dann eine Merkwürdigkeit: Als ich weitergehe, sehe ich einen parkenden Krankenwagen. Ich versuche die spiegelverkehrte Schrift zwischen den Blaulichtern zu entziffern. „reniltalF“ steht da (umgedrehte Buchstaben bekommt das Redaktionssystem nicht hin). Ich stutze. Auf der Wagenseite steht noch „medizinische Betreuung für Funk und Fernsehen“.
Zuletzt dann doch noch große Aufregung im Kleinen. Vor der Spreewald-Grundschule spritzt ein dünner Wasserstrahl mit hohem Druck aus dem Boden. Zunächst denke ich an einen Rohrbruch, aber dann beginnt der Strahl im Halbkreis zu wandern. Die Bepflanzungen werden gesprengt. An diesem regnerischen Tag! DIRK KNIPPHALS
(1 bis 2 Uhr: kommenden Freitag)