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Archiv-Artikel

Der Deckel auf dem Dampftopf

Streit in Eimsbüttler SPD: Annen erkennt Niederlage gegen Ilkhanipour um Bundestagsmandat an. Dafür ist neuer Zwist um Mitgliederbefragung für den Posten des Kreisvorsitzenden ausgebrochen

Parteien in Zahlen

Trotz der Querelen in Eimsbüttel kann von einer Austrittswelle bei der SPD keine Rede sein. Am 1. 1. 2009 hatte die Partei in Hamburg 10.836 Mitglieder, das sind 215 weniger als am 1. 1. 2008 mit 11.051 GenossInnen. In Eimsbüttel sank die Mitgliederzahl um lediglich zwei auf 1.735, in anderen Kreisen waren die Verluste höher. Im größten Kreisverband Wandsbek ging der Bestand um 101 auf 2.435 Mitglieder zurück. Einzig Altona legte um 21 auf 1.522 Mitglieder zu. Noch höhere Verluste musste im vorigen Jahr die CDU hinnehmen. Am 1. 1. 2009 gab es noch 9.500 ChristdemokratInnen in Hamburg, 300 weniger als am Neujahrstag 2008. Sofern Austrittsgründe genannt wurden, seien es keine speziellen Hamburger gewesen, versicherte eine Parteisprecherin, „eher die große Koalition in Berlin“. Die GAL stieg um elf Mitglieder auf 1.278, die Zahlen der Kreisverbände schwanken zwischen plus 30 in Altona und minus elf in Wandsbek. Zustimmung zu oder Abneigung gegen Schwarz-Grün ist aus den Statistiken nicht ersichtlich. Die FDP legte um 42 Mitglieder auf 1.282 zu und überholte damit erstmals seit 2001 wieder die Grünen. Die Linke hat trotz mehrfacher Zusicherung keine Zahlen geliefert.  SMV

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Manche Genossen haben ihren Humor noch immer nicht verloren. „Herzlich willkommen! Auf der Internetseite der SPD Eimsbüttel sind Sie mitten drin – im politischen Alltag unseres Kreises“, lautet die Begrüßung auf der Homepage des sozialdemokratischen Kreisverbandes, der seit zwei Monaten ausschließlich mit Chaos und Intrigen für Schlagzeilen sorgt. Die Grußworte stammen noch von Jan Pörksen, und der ist schon seit dem 19. November 2008 nicht mehr Kreischef – aber die SPD Eimsbüttel hat in der Tat andere Sorgen als ihren Internetauftritt.

So kündigte der Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer am Montag gegenüber der taz an, „keine Kindereien mitzumachen“. Wenn ein Nachfolger für Pörksen in einem Mitgliederentscheid gekürt werden solle, „stehe ich für dieses Verfahren zur Verfügung – für alles andere aber nicht“. Böwer hatte Anfang Dezember erklärt, sich ebenso wie der kommissarische Kreischef Milan Pein um den Vorsitz der Eimsbüttler SPD zu bewerben, und hatte eine Mitgliederbefragung verlangt. „Dieses Amt bedarf der größtmöglichen Legitimation“, bekräftigte Böwer gestern.

Von der Tagesordnung für die Sitzung des Kreisvorstandes am Mittwochabend sei dieses Thema jedoch verschwunden. Der Vorstand wolle der Kreisdelegiertenversammlung, die am 31. Januar stattfinden soll, die Entscheidung über das Wahlverfahren überlassen. Entweder werde dort eine Mitgliederbefragung beschlossen, oder die Delegierten wählten gleich einen neuen Vorsitzenden, zitiert das Abendblatt Pein. Dieser war am Montag für die taz auf mehreren Telefonnummern nicht erreichbar.

Darauf aber will Böwer sich nicht einlassen. Zudem zeuge ein solches Verfahren nicht von Führungsstärke. „Ein Vorstand hat dem Parteitag einen Vorschlag vorzulegen“, mahnt Böwer an. Den würden die Delegierten annehmen oder ablehnen, das sei das „in demokratischen Parteien übliche Verfahren“.

Einen erneuten Versuch, die Eimsbüttler Genossen zu disziplinieren, startete am Abend der Landesvorstand. Das Ergebnis der Kandidatenaufstellung im Kreis müsse akzeptiert werden. Am 15. November hatte der Bundestagsabgeordnete Niels Annen seine erneute Nominierung für die Bundestagswahl im September verloren. Er war dem Hamburger Juso-Vorsitzenden Danial Ilkhanipour auf einer Kreisdelegiertenversammlung knapp unterlegen. Der seitdem währende Streit entzündete sich an dem Vorwurf, Ilkhanipour habe sich unlauterer Methoden bedient. Es gelte, was gewählt wurde, erklärt nun der Vorstand in dem Versuch, „endlich den Deckel auf den Dampftopf zu kriegen“, wie es ein Vorstandsmitglied ausdrückt. Auch Annen erkannte seine Niederlage erstmals öffentlich an und gratulierte Ilkhanipour zu seiner „formal korrekten Wahl“.

Ein rasches Ende der innerparteilichen Streitigkeiten forderte ebenfalls der Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Michael Neumann. „Man fragt sich manchmal, ob wir denn keine anderen Probleme haben“, sagt Neumann. In der Fraktion würden die Querelen für Frust sorgen, weil sie die Aufmerksamkeit von der guten Oppositionsarbeit der SPD ablenken würden. „Wir wollen in Ruhe unsere Arbeit machen“, bittet Neumann.

Auch Parteichef Egloff schiebt Frust. Schon mehrfach habe er klargestellt, dass der Streit beendet werden müsse, so der SPD-Vorsitzende: „Aber leider halten sich nicht alle daran.“