: Ein Vertrag für die Ewigkeit
Schleswig-Holstein und der Vatikan unterzeichnen einen Vertrag, der unter anderem den Religionsunterricht und Denkmalschutz für Kirchen regelt. Für die Mitglieder der 60 katholischen Gemeinden im Land ändert sich aber nichts
Das kleine Schleswig-Holstein und der flächenmäßig sogar noch kleinere Vatikan sind seit Montag Vertragspartner: Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und Erzbischof Jean-Claude Périsset, der Apostolische Nuntius in Deutschland, unterzeichneten jetzt das Papier, in dem es um Religionsunterricht, Denkmalschutz für Kirchen, Gebührenordnungen für Friedhöfe und andere verwaltungstechnische und ideelle Details geht.
Dass ein Bundesland und der Vatikan diese Dinge direkt regeln, ist normal – das evangelisch geprägte Schleswig-Holstein, in dem nur 173.000 der 2,8 Millionen Einwohner Katholiken sind, zählte zu den letzten Ländern ohne Vertrag. Nun fehlen nur noch Hessen und Berlin.
Allerdings: „Wir hatten keinen rechtlosen Zustand“, betonte Carstensen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Regeln angewendet, auf die sich das Land 1957 mit der evangelischen Kirche geeinigt hatte. Zwischen Vatikan und Kiel gab es zuletzt 1933 ein Reichskonkordat. „Dies war nicht mehr aktuell“, so der Nuntius.
Der neue Vertrag ist unbefristet, ein Werk für die Ewigkeit, und in einen entsprechenden zeitlichen Rahmen ordnete Périsset es ein, indem er 800 Jahre Landesgeschichte aus katholischer Sicht passieren ließ, vom Heidenmissionar Bischof Ansgar bis zu den Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg, die die katholischen Reihen wieder etwas fester schlossen.
Heute gibt es 60 Gemeinden im Land. Für deren Mitglieder ändere sich durch den Vertrag gar nichts, sagte der Hamburger Erzbischof Werner Thiesen. Und auch das Geld fließt weiter: Zurzeit zahlt das Land 190.000 Euro jährlich an die katholische Kirche, eine „Staatsleistung“, die noch auf Verträge mit Preußen zurückgeht. Der Vertrag hat hier eine „Dynamisierungsklausel“ – bekommen die Evangelischen mehr Geld, sollen die Katholischen nachziehen.
Insgesamt zahlt das Land über elf Millionen Euro an die Kirchen, ein Zuschuss für die Besoldung des geistlichen Personals. Der SPD-Landtagsabgeordnete Günter Neugebauer (SPD) hatte dies wiederholt bemängelt: Weniger als die Hälfte der Bevölkerung gehöre einer Kirche an. Andere Bundesländer, etwa Hamburg, zahlten weniger. Carstensen verteidigte die Zahlung: Wichtig seien unter anderem die sozialen Dienste der Kirche. Auf die Frage, ob angesichts des Bedeutungsverlustes der Kirchen ein Vertrag noch zeitgemäß sei, sagte Carstensen, er sehe keinen Bedeutungsverlust, höchstens einen Wertewandel.
ESTHER GEISSLINGER