: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Was Rot-Grün gesellschaftlich bewirkt hat, wird weniger von Rau als von Wowereit und Beust dargestellt. Und im Wettbewerb zwischen Moraltankstelle und Geldautomat hat Gesine Schwan gegen Horst Köhler keine Chance
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Küppersbusch: Die Eitelkeit, mit der manche Meinungsmuftis sich von Bild lieber zum Schattenminister hochjuxen lassen, statt die Anmaßung darin zu kritisieren, nervt.
Was wird besser in dieser?
Donnerstag Feiertag.
Am Sonntag wird der Bundespräsident gewählt. Wer hat bislang den besseren Eindruck gemacht?
Gustav Heinemann.
Attac kritisiert den IWF-Mann Horst Köhler als Symbol der Durchökonomisierung der Gesellschaft. Zu Recht?
Jein. Die Glücksverheißung des Kapitals ist stets konkreter als die eines gesellschaftlichen Fortschritts. Aufschwung, Wachstum, Lohnerhöhung, neue Jobs – das tönt nach dem alten Libretto, wonach erst das Fressen und dann die Moral kommt. Danach benennen Ruck ’n’ Roller wie Herzog und Köhler nur, was die Leute vorbewusst eh denken. Und das führt zu der Frage …
Genau: Hat Gesine Schwan eine Chance?
Nö. Geldautomat gegen Moraltankstelle würde selbst bei Direktwahl zu Gunsten Köhlers ausgehen.
Wie sieht die Bilanz von Johannes Rau aus? So matt, wie viele meinen? Oder ist er unverdient in der öffentlichen Wahrnehmung untergegangen?
Seine letzte „Berliner Rede“ mutet an wie der Besinnungsaufsatz „Warum ich auswandere“. Das mag mutiges Mahnen sein, helfen tut’s nix. Viel Glück hat Rau nicht gehabt. Angefangen vom Wunsch nach der ostdeutschen Frau, die er ja nur bedingt ist; über die undankbare Rolle als Schiri im Bundesratsdesaster bei der Zuwanderung; am deutlichsten als Vermittler zwischen christlichen Werten und der Tagespolitik, sein Wort vom „grandiosen Missverständnis Bushs“, den Irakkrieg mit der Bibel zu begründen. Was Rot-Grün klimatisch an dieser Gesellschaft nach vorne bewegt hat, repräsentieren eher von Beust und Wowereit. Die Kernfrage „Gibt es noch etwas anderes, als sich für seine hohen Lohnnebenkosten zu schämen“ – Rau hat sie nicht beantwortet.
Ein Al-Qaida-Kommando hat den US-Bürger Nicholas Berg ermordet, offenbar für ein Bild dieses Todes. Darf man diese Inszenierung zeigen, oder machen sich die Medien damit zu Komplizen?
Zur „asymmetrischen Bedrohung“ mag künftig auch folgender Unterschied gehören: Die einen führen konventionellen Krieg, der Kollateralbilder erzeugt – die anderen konzentrieren sich gleich auf bewaffnete Dreharbeiten. Schon der 11. 9. war sowohl Massenmord als auch dämonisches Zitat der biblischen Parabel vom „Turmbau zu Babel“. Nachdem Bilder Waffen sind, kann man sie, wie andere Waffen auch, klassisch militärisch einsetzen oder eben terrortaktisch. Bush im Pilotenjäckchen auf dem Flugzeugträger – also, Paparazzis waren das nicht, die das fotografiert haben.
Laut Donald Rumsfeld existieren noch weit schrecklichere Bilder aus den US-Gefängnissen in Irak als die schon bekannten. Soll, darf, muss man sie publizieren, oder machen sich die Medien damit an einer weiteren Eskalation schuldig?
Jener Rumsfeld, der vor einem Jahr tobte, als Bilder verängstigter US-Soldaten in irakischer Gefangenschaft gezeigt wurden? Damals mahnte er drohend, Irak möge die mindesten Menschenrechtsstandards einhalten und die Medien mögen diese Bilder nicht zeigen. Der sterbende Vietcong-Soldat hing am Ende der Ikonisierung auf jeder WG-Toilette. Danach diskutieren wir heute eine Wieder-ins-Recht-Setzung der Abgebildeten, und das ist sehr gut.
Die Union setzt offenbar auf Komplettblockade im Bundesrat. Wird ihr das nutzen? Oder kann Rot-Grün diese Haltung als gemeinwohlschädlich diffamieren?
Sollten sie tun, es wäre richtig. Ob’s klappt, weiß ich auch nicht.
Und was macht Borussia Dortmund?
Spielt gegen Lautern, für die es um den Abstieg geht. Bochums Gegner Hannover dagegen ist bereits gerettet. Lasst uns faire Sportsleute sein zum Saisonabpfiff. Vorher könnte der Schiri noch Bochum verpfeifen; und immerhin werden beide, VfL und BVB, am Ende vor Schalke stehen. FRAGEN: SR