: Münster wirbt mit „Bodenständigkeit“
Kölns Konkurrentin bei der Kulturhauptstadt-Bewerbung setzt auf viel Bürgerbeteiligung und einen stabilen Kulturetat. Mit sechs Schwerpunktthemen wollen die Münsteraner die Jury überzeugen, dass sie besser sind als Köln und Essen
MÜNSTER taz ■ Am Donnerstag sollen möglichst alle MünsteranerInnen auf den Prinzipalmarkt kommen. Denn an diesem Himmelfahrtstag verkündet die NRW-Jury für die Kulturhauptstadt Europa 2010, ob sich Münster gegen die Konkurrenz aus Köln und Essen durchgesetzt hat und als Landessiegerin ins Bundesfinale ziehen darf. Münster setzt also auf Bürgerbeteiligung. Aber nicht nur an diesem letzten Tag der Vorausscheidung.
So sollten die MünsteranerInnen per Postkarte begründen, warum sie eine Kulturhauptstadt wollen. Dafür stehen überall knallrote Briefkästen bereit. Auch im Internet können Meinungen abgegeben werden. Noch immer, so Kampagnenchef Markus Müller, gingen um die 500 Statements pro Woche ein, insgesamt seien es mehrere Tausend. „Teils sehr kritisch, teils sehr freundlich. Konkrete Projekte werden aber relativ selten angeregt“, so Müller.
Soviel Engagement wird belohnt: Per Ratsbeschluss soll der Kulturetat bis 2010 und darüber hinaus garantiert werden. Markus Müller ist zufrieden: „Es ist uns gelungen, Kultur ins Zentrum der politischen Meinungsbildung zu bringen.“
Sechs Spitzenthemen hat Münster für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt definiert. Zum einen „Kunst“, anknüpfend an die „Skulptur.Projekte“, die 1977, 1987 und 1997 „weltweit ein Referenzmodell“ für Kunst im öffentlichen Raum gewesen seien. Zum anderen „Geschichte“, basierend auf dem „Westfälischen Frieden“ 1648 als einer „Geburtsstunde“ der „modernen Diplomatie“. Daneben stehen die „Bildung“ mit acht Hochschulen und der urbane „Wandel“ im Mittelpunkt.
Beim Stichwort Wandel setzt Münster zum einen auf den von oben initiierten und strukturierten Wandel wie den „Kreativ-Kai“ im Hafen, zum anderen aber auch auf den „Wildwuchs“, zum Beispiel am Hawerkamp, wo auf einem ehemaligen Fabrikgelände ein schwullesbisches Kulturzentrum und alternative Konzerthallen betrieben werden. Zu den Alternativinstitutionen gehört auch das „Cinema“, seit langem eines der renommiertesten Programmkinos der Republik. Nur: 2010 könnte das längst Vergangenheit sein. Möglicherweise droht schon im Sommer der Konkurs des „Cinema“.
Auch die „westfälische Bodenständigkeit“ als „Lebensart“ und „Exportartikel“, sowie die „Bühnen der Stadt“, Architektur und urbanes Leben werden in der Münsteraner Bewerbung als Spitzenthemen angeführt. Geprägt werde das Stadtleben durch „menschliches Maß“, heißt es – allein deshalb, weil in Münsters City alle wichtigen Orte zu Fuß oder per Rad erreichbar seien. Marcus Termeer