: Fuhlsbüttler Verhältnisse
Justizbehörde dementiert Haftschikanen in „Santa Fu“. GAL sieht Zusammenhang zwischen Vollzugsverschärfungen, Personalabbau und vermehrten Suizidversuchen
Die Behörde wiegelt ab. „Es wurden schon immer nicht genehmigte Gegenstände aus den Zellen entfernt – das ist nichts Neues“, betont Justizbehörden-Sprecher Ingo Wolfram. Er widerspricht damit den gestern in der taz veröffentlichten Behauptungen von Mitarbeitern der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel, die anstaltseigene Revisionsgruppe würde seit Anfang Mai unangekündigt alles aus den Zellen der Gefangenen beschlagnahmen, was nicht zur Standardausrüstung gehört, aber jahrelang toleriert wurde. Wolfram: „Die Anstalt muss dafür sorgen, dass die Zellen übersichtlich sind.“
Dass etwa montierte Regale mit roher Gewalt aus ihrer Verankerung gerissen wurden, so dass faustgroße Löcher in den Wänden zurückblieben, „entspricht nicht“ Wolframs „Kenntnisstand“. Auch dass bei den Räumungen wiederholt persönliche Gegenstände der Gefangenen zerstört wurden, träfe „in dieser Pauschalität keinesfalls zu“.
Der Behördensprecher betont zudem, dass entgegen der Behauptungen mehrerer Gefängnismitarbeiter in jüngster Zeit „keine Weiterbildungsangebote“ für die Insassen gestrichen wurden. Wolfram: „Es gibt keine aktuellen Haftverschärfungen.“
Der justizpolitische Sprecher der GAL-Fraktion Till Steffen will sich nun mit einer kleinen Anfrage über die Haftbedingungen in Santa Fu um Aufklärung über die widersprüchlichen Darstellungen bemühen. „Wir haben es seit Jahren mit immer neuen sinnlosen Verschärfungen zu tun, die weder der Sicherheit der Bevölkerung noch der Resozialisierung der Gefangenen dienen.“ Steffen beklagt zudem, dass es immer schwieriger werde, zu den Häftlingen Kontakt aufzunehmen: „Das kommt einem faktischen Berichtsverbot gleich.“
Der GALier sieht einen engen „Zusammenhang“ zwischen den seit dem Amtsantritt von Justizsenator Roger Kusch verfügten Haftverschärfungen und den vermehrten Selbsttötungsversuchen in der Fuhlsbüttler Untersuchungshaftanstalt. Versuchten sich 2002 elf Häftlinge das Leben zu nehmen, stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 18 Suizidversuche an. Steffen: „Diese bedenkliche Zunahme geht einher mit den Vollzugsverschärfungen, der steigenden Belegungszahl und dem Abbau der psychologischen Betreuung für die Untersuchungshäftlinge.“ Vor zwei Jahren sei die Zahl der Wochenstunden der hauptamtlichen Psychologen noch um über 80 Prozent höher gewesen als heute. „Der Abbau der pschologischen Betreuung ist fahrlässig“, klagt der GAL-Abgeordnete: „Gerade in der U-Haft kommt es zu besonderen Krisensituationen bei den Häftlingen.“
Behördensprecher Wolfram mag hingegen keine Alarmzeichen erkennen: „Die Steigerung der Suizidversuche liegt nach unserer Auffassung im statistischen Mittel.“ Marco Carini