Soft-Talk in der Kugel

Im Interview mit der US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice war Sabine Christiansen mal wieder ganz sie selbst

Sabine Christiansen kann nicht nachfragen. Diese Erkenntnis ist nicht wirklich neu, führte am Sonntag aber zu einem der bislang verheerendsten Eindrücke ihrer Laufbahn. Denn zu Gast im vorweg geführten und dann der Herrenrunde vorgespielten Interview war Condoleezza Rice, die „wichtigste Frau im politischem Leben von George W. Bush“ (O-Ton Christiansen).

Die Fragen an die Sicherheitsberaterin des US-Präsidenten waren sogar erstaunlich präzise: „Herr Kellerberg, Präsident des Internationalen Roten Kreuzes, sagt, er habe im Januar mit Ihnen über die Befragungspraktiken gesprochen“, fragte Sabine Christiansen zum Beispiel. Rice antwortete: „Als ich mich mit Herrn Kellerberg unterhalten habe, haben wir nicht über den Irak gesprochen, sondern über andere Themen“ – und schweifte ab. Der Widerspruch blieb ungelöst, denn Christiansen ging ungerührt weiter in ihrem Fragenkatalog. Und wenn Rice auf die Frage nach den Gefangenen auf dem US-Stützpunkt Guantanamo Bay und die Genfer Konvention faselte: „Wir behandeln sie nicht in Übereinstimmung mit den Genfer Konventionen, und das ist auch zum Schutze der Genfer Konvention an sich […] Es war aber immer die Politik der amerikanischen Regierung, um sicherzustellen, dass sie auch in Übereinstimmung mit diesen Ideen geschützt werden“ – folgte kein Nachhaken. Sondern die nächste Überleitung. Christansen fragte, Rice rechtfertigte sich bzw. wies zurück – end of story.

Das immer wieder eingeschobene Gespräch in der bunten Kugel über die abwesende Frau Rice und ihre Hintermänner war dann zwar erträglicher. „Verlogen“ nannte Daniel Cohn-Bendit (Grüne) die Ausführungen von Rice in Sachen Guantanamo Bay, und auch Wolfgang Schäuble (CDU) sparte nicht mit Kritik an den USA. Aber da war die Sicherheitsberaterin ja schon längst wieder weg – in Sicherheit. Sie geht dieser Tage ja auch nicht in jeden Polit-Talk. Tim Sebastian von der BBC etwa meidet sie. Denn dessen garantiert nicht nachfragefreie Sendung heißt „Hard Talk“, ist auch so – und kann sogar in den USA empfangen werden. STG

Bei uns läuft „Hard Talk“ Mo.–Fr. um 17.30 und 20.30 Uhr auf BBC World