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Archiv-Artikel

Kein Bedarf am Band

Die Chancen, an gute Ferienjobs zu kommen, sind in diesem Jahr gering. Besonders für Studierende aus dem Ausland sieht es düster aus. Viele arbeiten deshalb schwarz oder geben sich mit mageren Stundenlöhnen zufrieden

taz ■ In den letzten Jahren war es für den Bremer Informatikstudenten Hani K. keine Frage, wo er den Sommer verbringen würde: „Ich habe immer bei Mercedes am Band gearbeitet, die haben am meisten bezahlt“, sagt er. In diesem Jahr ist das anders. Das Bremer Daimler-Chrysler-Werk vergibt plötzlich keine Ferienjobs mehr. Warum das in diesem Jahr so ist, darüber möchte das Werk allerdings keine Auskunft geben: „Wir haben in diesem Jahr einfach keinen Bedarf“, sagt Sprecherin Kerstin Meckle.

Auch der Jurastudent Gerson Gizler hatte den Sommerjob am Band fest eingeplant: „Mercedes war eigentlich immer eine sichere Bank“, sagt er. Nun schaut der 25-Jährige schon seit vier Wochen regelmäßig auf die Aushänge des Career-Centers an der Uni Bremen. Noch hat er nichts gefunden, das seinen Vorstellungen entsprach: „Die meisten dieser Jobs bedeuten viel Arbeit für wenig Geld. Ich warte noch etwas ab, zur Not muss ich eben doch einen schlecht bezahlten Job annehmen.“ Seine Freundin Jantje Strauß hat sogar schon darüber nachgedacht, sich im EU-Ausland einen Job zu suchen: „Vielleicht gehe ich nach Luxemburg, wenn es hier nichts gibt.“

Der Sprecher des Bremer Arbeitsamtes, Jörg Nowak, rät den Jobsuchenden, nicht in Panik zu verfallen. „Es ist noch zu früh, um eine generelle Aussage über den Aushilfsarbeitsmarkt zu treffen.“ Viele Stellenangebote würden erst kurzfristig zu Beginn der Semesterferien gemeldet. Aber auch Nowak bestätigt, dass es aus den größeren Industriebetrieben „Signale“ gebe, „dass es in diesem Jahr für Studierende schwierig wird.“ Dafür sehe es in der Gastronomie und im Einzelhandel besser aus.

Dort allerdings werden längst nicht mehr alle freien Stellen dem Arbeitsamt gemeldet. Viele Jobs werden unter der Hand an Bekannte oder Familienangehörige vergeben – manche auch illegal, wie eine Politikstudentin aus Pakistan berichtet. Die junge Frau verdingt sich derzeit als Schwarzarbeiterin in einem Restaurant. „Das gefällt mir auch nicht, ich bekomme kein Trinkgeld, werde von den Kollegen nicht respektiert“, beklagt sie. „Aber es ist besser als nichts.“

Besser als nichts – das dachten sich auch Hani K. und sein Freund Qader B., als sie vor vier Wochen einen Aushilfsjob als Lagerarbeiter annahmen. Die Studenten waren froh, dass sie überhaupt etwas ergattert hatten. „Es ist deutlich schwieriger als im letzten Jahr“, bestätigt Hani K. „Die großen Betriebe nehmen in diesem Jahr niemanden, die kleineren bevorzugen meistens Deutsche.“

Laut Arbeitsamt liegt die unterste Grenze, für die Studenten arbeiten, bei sieben Euro. So viel sollten auch Hani K. und Qader B. bekommen. Doch bald, nachdem die beiden angefangen hatten, änderte der Betrieb unvermittelt die Bedingungen. Die Studenten sollten nicht mehr pro Stunde, sondern pro gepacktem Karton bezahlt werden. „Für eine Vier-Stunden-Schicht bekam ich am Ende nur acht bis sechzehn Euro“, erzählt Hani K. Die beiden Studenten merkten bald, dass sie übers Ohr gehauen wurden. Sie wollen sich jetzt einen neuen Job suchen. Viele ihrer Kollegen, fast ausschließlich Studierende aus dem Ausland, arbeiten immer noch dort. Qader B.: „Die finden einfach nichts anderes.“

Steffen Hudemann