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Archiv-Artikel

Tödliche Hochzeitsfeier in Irak

Mindestens 40 Menschen sterben durch US-Luftangriff. Generalmajor sieht keinen Grund zur Entschuldigung. Das Ziel seien „ausländische Kämpfer“gewesen

BAGDAD afp/dpa/rtr ■ Bei einem US-Luftangriff auf eine irakische Hochzeitsgesellschaft sind mindestens 40 Iraker getötet worden. Kampfhubschrauber beschossen nach Augenzeugenberichten zwei Häuser in Makredib an der Grenze zu Syrien, in denen die Iraker feierten. US-Generalmajor James Mattis sagte, für eine Entschuldigung sehe er keinen Grund. Der Luftangriff habe mutmaßlichen „ausländischen Kämpfern“ gegolten. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) kritisierte die „exzessive Gewaltanwendung“.

Ein Augenzeuge des Angriffs sagte, die Hochzeitsgäste hätten Freudenschüsse abgegeben. Daraufhin sei aus den Hubschraubern gefeuert worden. Nach Angaben des Senders al-Dschasira waren unter den Toten mindestens 18 Frauen und Kinder. Ein anderer Augenzeuge sagte, um 3 Uhr morgens habe die US-Luftwaffe „100 Bomben“ abgeworfen, „ohne dass es eine Provokation gegeben hätte“. Danach habe die Armee Raketen abgeschossen und sei mit Panzern in das Dorf eingerückt.

„Wie viele Menschen gehen mitten in die Wüste, 16 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, um eine Hochzeit 130 Kilometer fern jeder Zivilisation zu feiern“, fragte Marine-Kommandeur Mattis in Falludscha vor der Presse. „Das waren mehr als zwei Dutzend Männer im wehrfähigen Alter.“ Auf Fragen nach Berichten des arabischen Fernsehsenders al-Arabia, die weinende Angehörige bei der Beisetzung von Toten, darunter ein Kind, zeigten, sagte er: „In Kriegen geschehen üble Dinge. Ich muss mich nicht für das Verhalten meiner Männer entschuldigen.“ Die „exzessive Anwendung von Gewalt“ verstoße gegen internationales Menschenrecht, sagte eine IKRK-Sprecherin dagegen. Selbst „unter Beschuss“ gebe es Regeln der Verhältnismäßigkeit.

Razzia bei Ratsmitglied

US-Soldaten haben gestern ein Haus und Büros des irakischen Regierungsratsmitglieds Ahmed al-Chalabi in Bagdad durchsucht. Die Soldaten hätten erklärt, die Razzia gelte zwei gerichtlich Gesuchten, sagte ein Sprecher Chalabis. Er verurteilte die Razzia.

Chalabi war lange Verbündeter der US-Regierung. Laut New York Times soll seine Partei INC ab Juli kein Geld mehr von den USA erhalten. Chalabi habe der US-Regierung vor dem Krieg falsche Informationen über den Irak geliefert, hieß es dazu. Der frühere Exil-Oppositionelle hat nach Einschätzung irakischer Beobachter kaum Rückhalt in der Bevölkerung.

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat einen Truppenabzug aus dem Irak kategorisch ausgeschlossen. Italien werde seine Soldaten erst zurückholen, wenn das Land befriedet sei, sagte Berlusconi vor Abgeordneten in Rom. Die Opposition hatte einen Antrag auf Abzug der Truppen aus dem Irak eingebracht, über den am Abend abgestimmt werden sollte.

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