: Plutonium-Castoren nach Ahaus
Atomkraftgegner warnen vor überraschender Einlagerung des Umweltgifts im Zwischenlager Ahaus. Positionen vor heutigem Spitzengespräch zwischen Nordrhein-Westfalen und Sachsen verhärtet
VON ANDREAS WYPUTTA
Anti-Atom-Initiativen aus dem Münsterland und aus Sachsen warnen vor der Einlagerung des gefährlichen Umweltgifts Plutonium im Zwischenlager Ahaus. Die Transportgenehmigung für die anstehenden Castor-Transporte aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden billige auch die Lieferung von 1,97 Kilogramm Plutonium, so der Sprecher der Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus, Felix Ruwe, zur taz.
Plutonium gilt wegen seiner Alphastrahlung und hoher Aktivität als einer der gefährlichsten Krebserreger: Ein Gramm kann bis zu einer Million Lungenkrebsfälle verursachen – das Gift bildet feinste Staubpartikel, die als Schwebeteilchen durch die Luft fliegen. Das Bundesamt für Strahlenschutz wie das NRW-Energieministerium konnten die Vorwürfe der Atomkraftgegner gestern weder dementieren noch bestätigen – die zuständigen Fachleute waren im Urlaub.
Für das heutige Spitzentreffen, bei dem Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) am Rande der Bundespräsidentenwahl noch einmal mit dem sächsischen CDU-Umweltminister Steffen Flath über die Transporte verhandeln will, forderten die Initiativen noch einmal eine klare Handlung der NRW-Landesregierung gegen die drohenden Transporte. Die eigentliche Problematik sei in der politischen Debatte der vergangenen Wochen völlig untergegangen: „Nicht die Kostenfrage, sondern die starken Sicherheitsprobleme dieses völlig überflüssigen Atommülltourismus sollten im Vordergrund stehen“ – schließlich sehe die Castor-Transportgenehmigung nicht wie angekündigt eine Beladung von bis zu sieben, sondern bis zu 35,5 Kilogramm radioaktiven Materials vor. Genehmigt worden sei die Lieferung von über 1.000 verstrahlten Einzelstücken aus DDR-Zeiten, ärgert sich Ruwe: „Die haben in Rossendorf die Keller ausgefegt.“
Die Atomkraftgegner beharren deshalb auf ihrer Forderung nach Bau eines Zwischenlagers in Sachsen, aus dem der Atommüll dann direkt in ein noch zu bestimmendes Endlager gebracht werden könnte. Eine nicht unrealistische Forderung: Die Positionen vor dem heutigen Spitzengespräch zwischen NRW und Sachsen sind extrem verhärtet. Mehr als den Kompromissvorschlag, die zunächst vorgesehenen 18 Straßentransporte auf drei zu bündeln, sei nicht denkbar, so Flaths Sprecherin Irina Düvel zur taz. Behrens beharrt dagegen wegen bis zu 50 Millionen Euro teurer Polizeieinsätze auf einer einzigen Lieferung per Schiene. Entscheidungsspielraum hat er dabei nicht, sagt sein Sprecher Ludger Harmeier: „Das ist ein Kabinettsbeschluss, den der Minister nicht einfach umwerfen kann.“