Erneute Gasprobleme

Neue Lieferschwierigkeiten: Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig eine Blockade vor

MOSKAU/BRÜSSEL ap ■ Russland und die Ukraine haben die europäischen Gaskunden am Dienstag erneut enttäuscht. Obwohl Russland den Gashahn nach eigenen Angaben wieder aufdrehte, kam in der EU und Südosteuropa kein Erdgas an. „Nach dem derzeitigen Stand der Dinge ist es so, dass das Gas nicht ankommt, wo es ankommen soll“, erklärte EU-Kommissionssprecher Johannes Laitenberger am Nachmittag in Straßburg. Die Ukraine und Russland machten sich gegenseitig für die Probleme verantwortlich.

Die Ukraine halte die Transitleitungen geschlossen, erklärte der stellvertretende Chef des russischen Staatskonzerns Gazprom, Alexander Medwedjew. Indirekt warf er den USA vor, den Konflikt zu befeuern. Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin empfahl der EU, sich in Kiew zu beschweren. Dies habe er auch den Regierungschefs der besonders von dem Lieferstopp betroffenen Staaten Bulgarien und Slowakei gesagt, teilte sein Büro mit.

In Kiew hieß es hingegen, das Gas sei von Russland bewusst über eine für den Transit ungeeignete Route eingespeist worden. Gegenüber Tschechiens Regierungschef und dem amtierenden EU-Ratspräsidenten Mirek Topolanek beklagte die ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko zudem den niedrigen Gasdruck.

Die zur Überwachung des Gastransits eingesetzten EU-Beobachter berichteten, es sei zunächst nur sehr wenig Gas von Russland Richtung Ukraine geleitet worden. Am Einspeisepunkt Sudja auf der russischen Seite der Grenze sei ein geringer Gasstrom gemessen worden, erklärte ein Experte der EU-Kommission in Brüssel. Die Arbeit der EU-Beobachter wurde zudem durch Zugangsbeschränkungen an den Erdgasverteilerknoten in Moskau und Kiew erschwert. Laut EU-Kommission konnte dieses Problem aber gelöst werden.

Die slowakische Regierung bekräftigte gestern ihre Absicht, wegen der ausbleibenden Gaslieferungen einen auf Druck der EU stillgelegten Atomreaktor wieder hochzufahren. Die Stromversorgung sei nur noch für wenige Tage gesichert, erklärte Ministerpräsident Robert Fico in Bratislava. Die EU-Kommission erklärte dazu, sie erwarte von der slowakischen Regierung eine ausführliche Begründung ihres Vorhabens. Ein Neustart des Reaktors wäre ein klarer Rechtsverstoß. Auch die bulgarische Regierung kündigte an, sie werde bei ausbleibenden Gaslieferungen das Atomkraftwerk Kosloduj wieder ans Netz bringen.