: Vier Tennisladys auf dem Blümchensofa
Justine Henin und Kim Clijsters bieten den Wiliams-Schwestern neue Herausforderungen – auch in Wimbledon
WIMBLEDON taz ■ Im Umkleideraum der besten Frauen fehlt es an nichts. Die Wände sind mit bedruckten Tapeten verkleidet, es stehen schwere, geblümte Sofas mitten im Raum, Lampen werfen sanftes Licht auf dekorative Obstkörbe, und wenn man nett bittet, wird einem ein paar Zimmer weiter in einer ausladenden Wanne das Bad eingelassen. Ist das die Atmosphäre, in der frau streiten mag? Nur im Notfall, und diesen Fall, versichern Serena Williams und Justine Henin-Hardenne, gebe es nicht. Erst am Dienstag hätten sie ein paar Sätze miteinander gewechselt, sagt die Belgierin, es sei dabei nicht um Tennis gegangen, alles sehr normal und professionell. „Und ich denke, es ist besser so. Schließlich haben wir vermutlich eine lange Karriere zusammen vor uns.“
Serena Williams ist vielleicht noch nicht ganz so weit, aber auch sie gibt sich Mühe und versichert, wie immer mit sonorer Stimme: „Was in Paris passiert ist, ist auch in Paris geblieben.“ Wenn man den Damen glauben darf, sind es also nur noch die anderen, die vor der zweiten Begegnung im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers innerhalb eines Monats noch an die erste denken. An das fantastische Spiel von Henin bei den French Open, an die sehr eindeutigen Reaktionen des Pariser Publikums zu ihren Gunsten, an Serenas Empörung über eine kleine Unsportlichkeit der Gegnerin und an die spektakuläre Niederlage der Nummer eins. Die erste bei einem großen Turnier nach mehr als einem Jahr.
Aus Niederlagen lerne man mehr als aus Siegen, versichern die Meister des Sports immer wieder; sieht so aus, als habe auch Serena Williams Schlüsse gezogen. In der Zeit zwischen dem Ende der French Open und dem Beginn der All England Championships in Wimbledon hat sie daheim in Florida so hart trainiert wie schon lange nicht mehr, und sie hat sich dabei vor allem auf den Aufschlag konzentriert. Nun ist es zwar so, dass die Schwestern das Frauentennis in den letzten beiden Jahren nicht zuletzt wegen ihres mächtigen Aufschlags dominiert haben, aber beide sehen offensichtlich noch reichlich Möglichkeiten zur Verbesserung.
Ein Halbfinale mit den Nummern eins bis vier der Weltrangliste und des Turniers – Serena vor Clijsters, Henin und Venus –, aber es kann passieren, dass die Reihenfolge danach nicht mehr dieselbe sein wird. Verliert Serena am Donnerstag, wird Kim Clijsters nächsten Montag die neue Nummer eins der Weltrangliste sein; verliert Clijsters im Halbfinale, bleibt alles beim Alten, und spielen die beiden im Finale gegeneinander, ist die Siegerin danach die Nummer eins.
Zu erklären ist diese Konstellation mit der weitaus größeren Anzahl von Turnieren, die die Belgierinnen in den vergangenen zwölf Monaten gespielt haben. Serena Williams macht aber keinen Hehl daraus, was es ihr bedeutet, ganz offiziell weiter die Beste zu sein. „Wenn du einmal die Nummer eins warst, dann willst du das auch weiter sein. Aber es ist hart, den belgischen Mädchen auf der Spur zu bleiben. Die spielen jede Woche und gewinnen andauernd. Vielleicht muss ich das jetzt auch allmählich tun.“ Dazu grinst sie, aber es ist nicht auszuschließen, dass sie bald Ernst machen wird.
Sieht ganz so aus, als hätten Justine Henin-Hardenne und Kim Clijsters Serena und Venus Williams neue Herausforderungen geboten. Dass Clijsters außer auf Sand noch nie gegen Venus gewonnen hat – zählt man die Aufgabe der Amerikanerin im Masters-Finale nicht – und dass Justine Henin-Hardenne außer auf Sand noch nie gegen Serena gewonnen hat, gibt der Geschichte zusätzlich Pfeffer. Natürlich nur bis zum Ende des Spiels. Hinterher setzen sich alle vier zusammen auf das Blümchensofa und reichen sich die Hände. DORIS HENKEL