: Ein Ehrenplatz im Periodensystem
Das Element mit der Ordnungszahl 110 soll den Namen „Darmstadtium“ bekommen. Der Vorschlag kommt von den Schwerionenforschern aus Darmstadt, die das neue, kurzlebige Element erstmals erzeugt und beschrieben haben
Den Wissenschaftlern der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) aus Darmstadt wird demnächst eine besondere Ehre zuteil: Das neue chemische Element mit der Ordnungszahl 110, das Kernphysiker Sigurd Hofmann und sein Team an der GSI bereits 1994 entdeckt hatten, soll den Namen der Stadt des Entdeckers bekommen.
Das zuständige Gremium, die International Union for Pure and Applied Chemistry (IUPAC) aus Ottawa, hat der Forschergruppe um Sigurd Hofmann die Entdeckung des neuen Elements vor zwei Jahren offiziell zuerkannt. Daraufhin hatte die IUPAC die Darmstädter Wissenschaftler aufgefordert, einen Vorschlag für einen Namen als auch für ein übliches Kürzel zu unterbreiten.
Das internationale Gremium einigte sich mit der GSI auf den Namen „Darmstadtium“ und dem Symbol „Ds“. Im Internet unter www.iupac.org/reports/provisional/abstract03/corish_300603.html steht dieser Name nun auf einer virtuellen öffentlichen Liste. Erfolgt bis zur nächsten Sitzung der IUPAC im August kein Veto, gilt der Name als angenommen.
Die Zeitspanne ist deshalb vorgesehen, damit der Vorschlag in der wissenschaftlichen Welt ausgiebig diskutiert werden kann. Der Verband wird dann den endgültigen Namen für das Element 110 nach der Generalversammlung bekannt geben. „Nach den Gesprächen mit der IUPAC gehe ich davon aus, dass sich unser Vorschlag durchsetzen wird“, schätzt Entdecker Sigurd Hofmann. Denn auch Namensvorschläge der GSI für andere, bereits gefundene Elemente wie Nielsbohrium (Element 107), das allerdings später in Bohrium umbenannt wurde, Hassium (108) und Meitnerium (109) waren schon von Erfolg gekrönt.
Doch welcher Art sind die Grundstoffe, die sich hinter diesen Namen verbergen? Das Isotop von Element 110 verfügt über eine Atommasse von 269. So ist es 269-mal schwerer als Wasserstoff, das Leichteste aller Elemente, und gleichzeitig das Schwerste aller Atome. Ein Blick auf das Periodensystem zeigt, dass sich „Darmstadtium“ in der achten Nebengruppe direkt unter die Metalle Nickel, Palladium und Platin platziert. Daher gilt das neue Element als ihr „schwerer Bruder“. „Zwar können wir über die chemischen Eigenschaften von Element 110 noch wenig sagen“, erklärt Hofmann. „Aber weil es sich im Periodensystem unterhalb des Metalls Platin befindet, wird es sich chemisch wohl ähnlich verhalten.“
Was hingegen sicher gemessen werden kann, sind die Kerneigenschaften dieses Elements. Erzeugt hatte Kernphysiker Hofmann das „Darmstadtium“, als er Nickelionen auf eine Bleifolie ballerte. Die Idee: Aus Nickel mit der Kernladungszahl 28 und Blei mit 82 sollte durch Fusion ein großer Kern mit der Ordnungszahl 110 entstehen. Und 1994 ging dann der Plan auf: Der Forscher erhielt einen hochangeregten, so genannten Compoundkern, der sofort in den Grundzustand zurückfiel und dabei ein Neutron verlor.
Stufenweise zerfiel dieses Isotop dann in die nächst leichteren Kerne mit den Ordnungszahlen 108 und 106 – ein Phänomen, das als Alpha-Zerfall bekannt ist. Und die Energien, die bei den Übergängen frei wurden, verrieten den Wissenschaftlern viel über die Kerne.
Wie und ob diese Schwersten aller Elemente je im Alltag eine Rolle spielen, steht in den Sternen. Handelt es sich doch durchwegs um strahlende Metalle, die nur in feinsten Spuren existieren können. JOACHIM EIDING