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Archiv-Artikel

GSW bringt richtig Geld

Senat kann die größte landeseigene Wohnungsbaufirma für eine weit größere Summe als erwartet verkaufen. Und der Finanzsenator schwört Stein und Bein, dass der Mieterschutz erhalten bleibt

VON STEFAN ALBERTI

Vielleicht kommt der große Haken noch. Vielleicht findet sich in bislang nicht entdeckten Firmenbüchern noch eine Riesenaltlast, für die das Land geradestehen muss. Passiert das nicht, kommt der gestern vom Senat beschlossene Verkauf der größten landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW der Quadratur des Kreises nahe: Ein mit 405 Millionen Euro weit höherer Kaufpreis als erwartet bei Mieterschutz und Investitionszusagen. Auch die als kritische Mieterberaterin bekannte Grünenabgeordnete Barbara Oesterheld urteilt: „Ein akzeptables Ergebnis.“

Die 65.000 Wohnungen der GSW gehen nach dem noch gestern unterzeichneten Vertrag an eine Bietergemeinschaft aus einem Fonds der US-Investmentbank Goldman Sachs und der US-Fonds-Gesellschaft Cerberus. Mit 10 Prozent ist zudem das Berliner Unternehmen Contest dabei, das in der Vergangenheit schon fast 3.000 landeseigene Wohnungen übernommen hat. Sie zahlen nicht nur 405 Millionen, sondern übernehmen zudem die GSW-Schulden von 1,7 Milliarden.

Im Landeshaushalt für dieses Jahr sind für den Verkauf nur 250 Millionen Euro eingeplant. Die Mehreinnahme von 155 Millionen sollen nicht etwa Investitionen ermöglichen – etwa die Sanierung der Staatsoper – oder Sparmaßnahmen ersetzen. Stattdessen sollen sie die auch in diesem Jahr nötigen Milliardenkredite des Landes verringern.

Anfang 2003 war ein Verkauf gescheitert, weil dem Senat ein 215-Millionen-Euro-Angebot nicht ausreichte. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hatte damals wenig verhehlt, dass er auch zu diesem Preis verkauft hätte. Als größter Verkaufsgegner galt der damalige Stadtentwicklungssenator Peter Strieder.

Der Mieterschutz werde voll aufrechterhalten, sagte Sarrazin gestern. Mieterhöhungen sollen nur innerhalb des Mietspiegels möglich, Luxussanierungen ebenso wie Eigenbedarfskündigungen ausgeschlossen sein. Die Käufer haben sich laut Sarrazin verpflichtet, die GSW mindestens zehn Jahre lang nicht weiter zu verkaufen und bis 2006 rund 450 Millionen Euro in das Unternehmen zu stecken.

Der Vertrag bindet die Bieter, für das Land gilt er erst, wenn auch das Abgeordnetenhaus zugestimmt hat. Das soll in einer der beiden Plenarsitzungen im Juni geschehen. Die Koalitionsfraktionen SPD und PDS hatten sich bereits am Dienstag zustimmend geäußert, ohne sich aber abschließend festzulegen.

Auch die Opposition äußerte sich gestern positiv. CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer sah „einen Schritt ihn die richtige Richtung“, dem man im Grunde zustimmen könne. Wie FDP-Mann Martin Lindner fordert er aber, mindestens eine weitere der – ohne GSW – noch sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zu verkaufen.

Richtung Verkauf gehen auch Überlegungen der Grünen-Fraktion. Sie wollen von den verbleibenden 290.000 landeseigenen Wohnungen runter auf eine „dauerhafte Mindestversorgung von 160.000 städtischen Wohnungen“. Die Verkaufseinnahmen sollen die Gesellschaften überlebensfähig machen.

Betroffenenverbände sehen den GSW-Verkauf deutlich skeptischer. Hartmann Vetter vom Mieterverein hält den Kaufpreis für zu gering (siehe Interview), die Berliner-Mieter-Gemeinschaft e. V. sieht eine „wohnungspolitische Bankrotterklärung“.