: Politische Chefsache
In den Strafprozess gegen die drei Erfurter Prügelpolizisten schaltet sich nun auch noch der Thüringer Innenminister ein. Die Haftbefehle gegen die drei werden vorerst nicht vollstreckt, Bedingung: Am Montag Antritt zum Prozess
Von ELKE SPANNER
Der Haftbefehl gegen die drei Erfurter Prügelpolizisten ist gestern zur Chefsache auf höchster politischer Ebene geworden. Der Thüringer Innenminister Andreas Trautvetter (CDU) hat Hamburgs Justizsenator Roger Kusch (CDU) in einem persönlichen Schreiben zugesichert, dass die drei Polizisten, die auf einer Bambule-Demonstration im vergangenen November Zivilkollegen misshandelt haben sollen, zum nächsten Prozesstag am Montag vor dem Amtsgericht erscheinen werden.
„Ich gehe davon aus, dass damit die Voraussetzungen für die Aussetzung der Haftbefehle vorliegen“, schrieb Trautvetter. Dem Grundsatz der Gewaltenteilung entsprechend hatte das letzte Wort allerdings das Landgericht. Und das bestätigte die Rechtmäßigkeit der Haftbefehle, setzte deren Vollstreckung allerdings bis Montag aus: Sollten die Beamten dann wieder nicht erscheinen, kommen sie in Untersuchungshaft.
Amtsrichter Thomas Semprich hatte den Haftbefehl am Vortag erlassen, weil die drei Beamten aus seiner Sicht unentschuldigt zum Prozess nicht erschienen waren (taz berichtete). Sie hatten ärztliche Atteste über angebliche psychische Belastungen vorgelegt, die das Gericht als „Gefälligkeitsgutachten“ gewertet hatte. Das Landgericht bestätigte gestern, dass die amtsärztlichen Atteste „nicht tragfähig“ gewesen seien, Semprich somit richtig gehandelt hatte.
Nach Angabe des Sprechers des Thüringer Innenministeriums, Fried Dahmen, werden die Polizisten am Montag auf jeden Fall „reisefähig“ sein. Sollten sie dann weiterhin darauf beharren, aus psychischen Gründen zur Gerichtsverhandlung nicht in der Lage zu sein, werden sie gerichtsmedizinisch untersucht.
Trautvetter begründete seine Intervention in ein laufendes Strafverfahren gegenüber Kusch damit, dass die Haftbefehle „unverhältnismäßig“ gewesen und er „um Deeskalation bemüht“ sei. Eine Antwort des Hamburger Justizsenators hat er darauf allerdings nicht bekommen: Kusch ist seit gestern im Urlaub. Und sein Sprecher Kai Nitschke verwehrt sich gegen die Vorstellung, dass die Justizbehörde sich in Gerichtsentscheidungen einmischen würde. Er verwies auf die Unabhängigkeit der Gerichte: „Wir haben auf deren Entscheidung keinerlei Einfluss.“
Ein politisches Nachspiel wird die Angelegenheit aber haben: Der Leiter der Polizeiabteilung im Thüringer Innenministerium, Harald Kunkel, hatte am Vortag angekündigt zu prüfen, „ob wir unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch bereit sind, zukünftig unsere Kollegen in Hamburg zu unterstützen“. Ministeriumssprecher Dahmen bestätigte gestern, dass in Zukunft, wenn ein Amtshilfeersuchen der Hamburger Polizei in Thüringen eingehen wird, „dieser Vorgang eine Rolle spielen wird“.