: Traum vom Canale Landwehr
Bezirksstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg will, dass künftig Gondeln auf Spree und Landwehrkanal fahren. Senatsverwaltung findet Idee „witzig“. Wassertourismus könnte Schub gut gebrauchen
von STEFANO ALBERTI
Berlin possede più di superficie dell’acqua che i laghi degli alpi, …, oh, scusi, so weit sind die italienischen Verhältnisse ja hier noch nicht gediehen. Noch nicht. Ein Stadtrat will immerhin schon mal Gondeln fahren lassen – wie in Venedig. Also zu Deutsch: Berlin hat mehr Wasserfläche als die Alpenseen, rühmt die Touristinformation. Daraus macht das Land aber touristisch nicht genug. „Lichtjahre sind wir anderen Städten da hinterher“, sagt Klaus Ulbricht (SPD), Bürgermeister von Treptow-Köpenick. Gerne nimmt er daher eine Idee aus dem Nachbarbezirk Friedrichshain-Kreuzberg auf: Gondeln sollen vom Treptower Park auf die andere Spreeseite gondeln.
Zwischen der Halbinsel Stralau und dem Traditionsgasthaus Zenner direkt am Wasser sollen die Kähne im Sommer pendeln – schlägt Lorenz Postler (SPD) vor, formal Wirtschaftsstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, im Herzen aber wohl Berlins größter Italiener. Er habe da etwas Ähnliches wie die Fahrradtaxis im Sinn, sagte Postler, gestern selbst nicht erreichbar, der Morgenpost. Noch an anderer Stelle stellt er sich Gondelverkehr vor: auf dem Landwehrkanal, als Lustfahrt von Kneipe zu Kneipe.
Porca miseria, würde man da in Venedig sagen, ist doch von uns geklaut. Dort sind die angeblich 10.000 Gondeln des 16. Jahrhunderts zwar längst passato, und ob es heute noch 500 sind, von denen ein Reiseführer schreibt, wusste gestern auch die nette venezianische Frau in der Touristieninformation nicht. Chi se ne frega, wen juckt’s – die gondola mit ihrem gondoliere ist sowieso kaum mehr Alltagstransportmittel. Die paar hundert aber machen auf jeden Fall gutes Geld für sich und die Stadt: 50 Minuten kosten selbst offiziell saftige 62 Euro. Dafür können zwar auch sechs Personen mitfahren – aber wer will schon bei romantischer Bötchentour vier Zuschauer dabeihaben? Lo facciamo a due, zu zweit, eh?
Glaubt man dem Berliner Geschichtsverein, waren auch in Berlin schon in früheren Jahrhunderten Gondeln unterwegs.
In der Senatsverwaltung für Wirtschaft war die Idee gestern neu, kam aber gut an: „Die Idee ist witzig“, meint Sprecher Christoph Lang. In der Vergangenheit ließ die Stadt viele Chancen der wassertouristischen Erschließung ungenutzt: „Bisher hat sich Berlin an vielen Stellen mit dem Rücken zum Wasser gestellt“, äußerte sich vor einigen Wochen Wirtschaftstaatssekretär Volkmar Strauch.
Laut Morgenpost ist Stadtrat Postler derzeit auf der Suche nach Bauplänen für Gondeln auf Spree und Landwehrkanal. Wie es in Venedig läuft, lässt sich bei den Spezialisten nachlesen, die dort eine eigene Institution zur Traditionswahrung bei Gondel und Gondelschiffer haben: 11 Meter lang, 600 Kilo schwer und aus 280 Teilen fast ausschließlich aus Holz zusammengebaut. Postler könnte da als Fachmann ran: Er gibt auf seiner Internetseite als Hobby Holzschnitzerei an.