: „Nur eine Show für die Öffentlichkeit“
Gesundheits-Staatssekretär Schulte-Sasse attackiert die Opposition: Sie heize die Diskussion um einen Vivantes-Verkauf an, ohne dass es wirklich Neues gebe. Die CDU-Fraktion: Konzernchefs sollen Berater selbst bezahlen
PDS-Senatorin Heidi Knake-Werner mochte gestern im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses nicht ganz so in die Vollen gehen. Das war auch nicht nötig. Das besorgte ihr parteiloser Staatssekretär Hermann Schulte-Sasse. Nichts als eine „Show für die Öffentlichkeit“ sei das, was die Opposition und vor allem die FDP beim Thema Vivantes betreibe. Nichts sei neu durch die jüngste Übernahmeofferte der Rhön Klinikum AG für den landeseigenen Klinikkonzern. Das stimmt nur zum Teil. Zwar klopfen Kaufinteressenten tatsächlich schon länger beim Senat an. Aber eine so konkrete Summe wie das 200-Millionen-Gebot von Rhön war bislang nicht öffentlich geworden.
FDP-Gesundheitsexperte Martin Matz erneuerte seine Kritik an dem am Mittwoch vereinbarten Sanierungskonzept für Vivantes. Für ihn ist weiter völlig unklar, welche Maßnahmen – die bisher allgemein unter „Umstrukturierung“ laufen – das Unternehmen bis 2008 von 30 Millionen minus auf über 50 Millionen plus bringen sollen. Knake-Werner verwies auf 50 bis 60 Punkte, die das Strategiekonzept umfasse, ohne Einzelheiten zu nennen.
Für den CDU-Abgeordneten Mario Czaja stellt sich die Frage, wer Vivantes überhaupt führt. Auswärtige Berater standen der Konzernspitze zuletzt zur Seite und sollen die Sanierung auch künftig begleiten. Die CDU-Fraktion will daher beantragen, Konzernchef Wolfgang Schäfer und seinen drei Kollegen die Kosten für die Beraterverträge vom Gehalt abzuziehen. Czaja hält es für unabdingbar, Private an Vivantes zu beteiligen. Nur so komme Geld für notwendige Investitionen herein. „Das Land wird diese Investitionen nicht bereitstellen können“, sagte der CDU-Mann.
Fremdes Kapital sei gar nicht das Problem, erwiderte Knake-Werner. Aber jemand wie Rhön erwarte, dass sich die Politik dann zurückziehe. Sie hält es weiterhin für richtig, „dass wir ein landeseigenes Krankenhausunternehmen behalten“. Das müsse sich allerdings dem Wettbewerb stellen und auch Überschüsse müsse es geben.
Nur einem Konzern in Landeshand sei es möglich, Überschüsse in Spezialangebote zu stecken. Bei Privaten würden sie in den Taschen der Eigentümer landen. Als Beispiel nannte Knake-Werner die Aidsklinik. Nicht dass private Krankenhäuser Aidskranke nicht auch versorgen würden, sie würden aber keine solche hoch defizitäre Klinik einrichten. Staatssekretär Schulte-Sasse nannte als weiteres Beispiel wichtige psychologische Krisenstationen. Die gebe es nur bei landeseigenen Krankenhäusern: „Sie werden keinen privaten Träger finden, der bereit ist, das zu bezahlen.“
In den Aussagen Knake-Werners zum vorliegenden Rhön-Übernahmeangebot wurde gestern deutlich, dass Gesundheits- und Finanzverwaltung in der Vivantes-Frage trotz des vereinbarten Sanierungskonzepts nicht auf einer Linie sind. Denn die Gesundheitssenatorin tat das Angebot als unsolide ab und nannte das darin skizzierte Beschäftigungsmodell „Job-Sharing in seiner miesesten Form“. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will das Angebot erst einmal ausloten. Man wolle den Kontakt zu Rhön nicht abreißen lassen, heißt es aus seiner Verwaltung.
STEFAN ALBERTI