: Lebensversicherung wird noch unattraktiver
Kapitallebensversicherungen werden ab 2005 zur Hälfte besteuert. Verbraucherschützer warnen vor Eilabschlüssen
BERLIN taz ■ Verbraucherschützer warnen seit Jahren vor dieser Geldanlage, dennoch sind Lebensversicherungen der Renner in der Altersvorsorge. Das könnte sich bald ändern: Für Neuverträge von Lebensversicherungen ab dem Jahre 2005 gilt die Regel, dass die Erträge künftig zur Hälfte besteuert werden müssen. Bisher sind die Erträge steuerfrei.
Auf die neue Regelung einigte sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat am Mittwochabend. Zunächst wollte die rot-grüne Koalition den vollen Ertrag der Lebensversicherungen besteuern, nach dem Widerstand der unionsregierten Länder musste jedoch ein Kompromiss gefunden werden. Danach werden die Erträge von Kapitallebensversicherungen künftig zur Hälfte besteuert, vorausgesetzt, sie sind mindestens zwölf Jahre gelaufen und werden nach dem 60. Lebensjahr ausgezahlt. Die Ertragsbesteuerung kann auf fünf Jahre verteilt werden, das mindert die Steuerprogression.
Das Vermittlungsergebnis soll am 11. Juni im Bundesrat zur Abstimmung gestellt werden und dann am 1. Januar 2005 in Kraft treten.
Eine Sprecherin des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigte sich gestern erleichtert über den Kompromiss. Er sei „eine ganz klare Verbesserung“ gegenüber dem Bundestagsbeschluss, der noch die vollständige Besteuerung vorsah, sagte sie, „damit kommt die Lebensversicherung nicht vom Markt, wie wir es zunächst befürchtet hatten“.
Verbraucherschützer begrüßten gestern hingegen, dass die Versicherungskonzerne künftig nicht mehr wie bisher mit der vollen Steuerfreiheit der Erträge werben können. „Damit wird ein entscheidendes Werbeargument abgeschwächt“, sagte Wolfgang Scholl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen der taz. Die Vermittler von Versicherungen könnten jetzt „nicht mehr so leicht über die Nachteile dieser Geldanlage hinwegtäuschen“, betonte Frank Braun vom Bund der Versicherten im Gespräch mit der taz. Er warnte davor, jetzt noch schnell in diesem Jahr einen Neuvertrag abzuschließen.
Braun wies auf den Hauptmangel der Kapitallebensversicherung hin: dass nämlich bei vorzeitiger Auszahlung oft hohe Verluste in Kauf genommen werden müssten. Im Durchschnitt hätten die Lebensversicherungen eine Laufzeit von 26 Jahren, die Hälfte würde vorher gekündigt, weil die Versicherten das Geld bräuchten. Damit nehmen sie aber einige tausend Euro Verlust in Kauf. Der Bund der Versicherten empfiehlt daher statt der Kapitallebensversicherung den Abschluss einer Risikolebensversicherung für die Angehörigen und ansonsten andere Finanzprodukte.
Bisher ist die Kapitallebensversicherung in Deutschland beliebter als die private Rentenversicherung, die ja auch staatlich gefördert werden kann. Diese Rangfolge werden sich künftig aber „drehen“, glaubt Versicherungsexperte Scholl.
BARBARA DRIBBUSCH