Feiern am Rand

Kaum ist das Abstiegsgespenst vertrieben, wird ein alter Bekannter beschworen: der Geist vom Millerntor

Hamburg taz ■ Als FC St. Pauli-Trainer Andreas Bergmann in der zweiten Spielhälfte Holger Stanislawski zum Aufwärmen schickte, war sie wieder zu spüren, die besondere Atmosphäre am Millerntor.

Sie hatte sich schon vor dem Spiel angedeutet, als die scheidenden Spieler Daniel Sager, Marco Gruszka und Henry Nwosu verabschiedet wurden. In den Momenten aber, in denen Stanislawski vor den Tribünen auf- und ablief, seine Dehnübungen ausführte und die Fans immer wieder zur Welle animierte, wurde das Geschehen auf dem Rasen endgültig zur Nebensache degradiert – und der Höhepunkt eines langweiligen 1:1-Unentschieden zwischen St. Pauli und Uerdingen gefeiert.

Der Gast aus Uerdingen ging kurz vor der Pause durch einen Foulelfmeter von Markus Feldhoff in Führung. Hollerieth hatte im Herauslaufen Dustin Heun gefoult. In der zweiten Halbzeit gelang dem eingewechselten St. Paulianer Philip Albrecht mit seinem ersten Treffer für die erste Mannschaft der verdiente Ausgleich. Nachdem Gäste-Torwart Selke einen Eckball nicht festhalten konnte, musste Albrecht den Ball nur noch aus kurzer Distanz per Kopf über die Linie drücken. Als der Schlusspfiff knappe 20 Minuten später das Spielgeschehen beendete, war das eigentliche Schauspiel erst eröffnet. Die 16.500 Zuschauer und ihr Team des FC St.Pauli bereiteten Stanislawski ein Abschiedsszenario, dass dem des Lokalrivalen HSV für Hermann Rieger mindestens ebenbürtig war.

Nach elf Jahren St. Pauli beendet Stanislawski seine aktive Laufbahn. Er wird dem Club dennoch erhalten bleiben. In der Jugendarbeit und als Vermittler bei den noch anstehenden Vertragsverhandlungen. Die auch – entgegen anders lautender Meldungen – mit Audencio Musci, Fabian Boll und Jens Matthies fortgeführt werden sollen. Angeblich sollen sie vor allem Gehaltserhöhungen fordern, die mit den Vorstellungen des Clubs bislang nicht übereinstimmten.

Drei bis vier Neuzugänge sollen in den nächsten Wochen präsentiert werden, um für die nächste Saison einen schlagkräftigen Kader zu haben. Kapitän Mourad Bounoua ist zuversichtlich: „Es ist genug Zeit, ein gute Truppe zusammenzustellen.“ Die will natürlich auch Trainer Bergmann. Erst mal freute er sich allerdings über den Klassenerhalt und brachte die Stimmung mit seinem Schlusswort auf den Punkt: „Lasst uns alle feiern gehen.“ HUT