48 Stunden Druck

Beim „Kinokaberet 2004“ gehört der Kampf gegen die Uhr zum Konzept

Bei den Schachspielern gibt es diese Wettkämpfe, bei denen man auf Zeit spielt. Die Spieler sitzen an ihren Tischen, und immer, wenn sie gezogen haben, hauen sie auf eine Uhr, damit bloß nichts von ihrer kostbaren Zeit verloren geht. „Er hat gewonnen, aber nur im Schnellschach“, heißt es manchmal abwertend. Vermutlich ist Schnellschach aber das Schwerste.

Einer ähnlichen Herausforderung setzen sich die Teilnehmer einer Veranstaltung aus, die diese Woche in mehreren Hamburger Kinos läuft. Als wenn Filmedrehen nicht schwer genug wäre, haben sie sich einer strengen Agenda verpflichtet. Die Filme, die sie drehen, müssen nicht nur strikte No-Budget-Produktionen sein. Sie haben dafür auch nur 48 Stunden Zeit.

„Kinokabaret“ nennt sich diese Disziplin, die aus Kanada kommt, mittlerweile aber auch in Europa immer mehr Anhänger findet. Im Gemeindesaal der St. Petrikirche, wo die Kinokaberetisten derzeit ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben, sitzen übernächtigte Gestalten. Manche starren auf Computerbildschirme, andere suchen ihre Videokamera. „Hast du sie vielleicht gesehen?“, fragt eine Frau mit lockigen roten Haaren, die unter der Schirmmütze hervorquellen. Sie heißt Janine und dreht einen Film, der sich „zwischen Waschbecken und gekachelten Wänden“ abspielen wird. Die Handlung wird nicht verraten, der Film soll aber „experimentell-psychologisch“ werden und zwei bis drei Minuten dauern.

Zwei bis drei Minuten ist nicht gerade viel, könnte man denken. Aber das täuscht, vor allem das Schneiden dauert. „Mindestens doppelt so lange wie das Drehen“, schätzt Shahin, der ebenfalls gleich weg muss, seinen „Einminüter“ für morgen drehen. Es geht um jemand, der eine E-Mail an die Frau schreibt, die er liebt. Erst ist es ein richtiger Liebesbrief, dann wird alles gelöscht, und die abgeschickte Mail verrät keine Gefühle mehr. „Dieser Prozess hat mich interessiert“, sagt Shahin.

Shahin und Janine gehören zu einer Gruppe von Kino-Kabarettisten, die sich „Hamburger Kino“ nennt. Normalerweise zeigen sie sich ihre Filme gegenseitig im B-Movie, mit dem „Kinokaberet 2004“ tritt man nun an die Öffentlichkeit. Bei der ersten Vorstellung am Montag im Zeise Kino soll es ziemlich chaotisch zugegangen sein. Inzwischen habe man sich aber eingegroovt, berichten Teilnehmer.

Außerdem sollte man mit Kritik lieber vorsichtig sein. „Okay, du kannst sagen, der Film ist Scheiße“, sagt Shahin. „Dann sage ich, komm und mach es besser.“ wie

Heute, 21.30 Uhr, Abaton; Freitag, 19.30, Lichtmeß (Stummfilme mit Klavierbegleitung); Sonntag, 23.30 Uhr, Metropolis