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Archiv-Artikel

Tschad: Kohle- statt Solaröfen

VON DOMINIC JOHNSON

Für Energiesparer müsste das bitterarme Tschad ein Vorbild sein. Was der Durchschnittstschader pro Jahr an Energie verbraucht, konsumiert der Durchschnittsdeutsche an einem Vormittag. Das mag auch daran liegen, dass es fast nirgendwo Strom gibt in dem Land von der dreifachen Größe Deutschlands am Rande der Sahara-Wüste.

Seltsamerweise stecken in keinem Land Afrikas private Investoren – im Vergleich zur einheimischen Wirtschaftsleistung – so viel Geld in den Energiesektor. Mit insgesamt 3,5 Milliarden Dollar haben Ölkonzerne aus den USA und Asien vor vier Jahren begonnen, im Süden des Tschad Ölfelder zu erschließen. Seit Herbst 2003 ist Tschad Ölexporteur. Die Bevölkerung der Ölgebiete hat davon nichts. Strom gibt es dort immer noch nicht. „Die Leute leben im Elend“, bilanziert Menschenrechtsaktivistin Delphine Djaraibe.

Für die Energiegewinnung benutzen die Savannenbewohner nach wie vor Holzkohle. Das heißt: Bäume abholzen. In einem Land am Rande der Sahara ist das besonders heikel. „Im Tschad rückt die Wüste jedes Jahr vier Kilometer vor“, erklärt der tschadische Ökologe Maurice Daja. „Außerdem bauen wir Baumwolle an, und auch das bedeutet Abholzung. Und die Städte werden größer, dort kochen die Leute auch mit Holzkohle.“

Gerade in der Sahara- und Sahelregion liegt die Lösung auf der Hand: Sonnenenergie. Solarkocher für die ländliche Bevölkerung werden in Ländern wie Mali und Burkina Faso tausendfach verkauft. Im Tschad war aber sogar bis vor kurzem dort, wo der Staat Strom anbot – egal, ob es wirklich Strom gab oder nicht –, die Nutzung von Solarenergie verboten. Daja versucht nun im Rahmen eines Netzwerks von sechs deutschen Nichtregierungsorganisationen Solarkocher in die Dörfer zu bringen.

Das Netzwerk entstand nach der Konferenz „Solarenergie für Afrika“ des deutschen Hilfswerks „Dialog International“ im vergangenen September. Organisator Heinz Rothenpieler beklagt, dass die deutsche Entwicklungspolitik an dem Thema „nur ein sehr geringes Interesse“ zeige. So sei die Förderung von Solarenergie im Kongo abgelehnt worden, weil da angeblich zu selten die Sonne scheint.

Auch für Solarenergie im Tschad gibt es keinerlei offizielle deutsche Förderung. Die 23,1 Millionen Euro Entwicklungshilfe, die das Land im Haushalt 2002/2003 erhielt, gingen in die Bereiche Verkehr, Trinkwasser, Familie und ländliche Entwicklung. So müssen die Bäuerinnen Maurice Dajas Solarkocher selbst bezahlen. Selbst die einfache Version kostet aber 100 Euro – für viele Bauern ein Jahreseinkommen. Die Hälfte muss angezahlt werden, bevor der Solarkocher geliefert wird. Kein Wunder, dass die Frauen bisher nur 33 Stück gekauft haben.