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Archiv-Artikel

Mission: Glückliche Gäule

Vergesst Robert Redford. Monty Roberts ist nicht nur ein Star der Tiertherapie, sondern zudem unterwegs als der einzig wahre Pferdeflüsterer. Für zwei Tage gastiert er mit der „Sprache der Pferde“ im Tempodrom und redet mit den Pferden von Berlin

VON JENNY ZYLKA

So sieht er also aus, der mit den Pferden plaudert. Der „Züchter des Jahres“. Der Ex-Stuntman. Der Ehrendoktor in Reittierangelegenheiten. „Horsewhisperer“ Monty Roberts grinst freundlich bis vierschrötig und schüttelt die Hand fest zur Begrüßung. Er trägt eine kecke grüne Stallburschenkappe, eine braune Joppe, unter dem geröteten Gesicht klemmt ein rotes Halstuch, das mit einem Silberknopf zugehalten wird. Darauf prangt das stilisierte Emblem eines Menschen, der eine Pferdesilhouette tätschelt. Damit man gleich weiß, woran man ist.

Monty redet aus Promogründen im Kempinski am Ku’damm mit Journalisten über Pferde. Normalerweise redet er lieber mit den Pferden selbst, das ist seine Spezialität. Die Welt weiß das, seit der Film „Der Pferdeflüsterer“ mit Robert Redford in die Kinos kam und trotz oder wegen Kitschs und eingebauter Liebesgeschichte ein Erfolg wurde.

Monty Roberts hat mit dem Film nichts am Hut. Er lehnt ihn strikt ab: „Garbage“ sei er, denn da werde am Ende doch Gewalt gebraucht, um das Starpferd Mores zu lehren. Das widerspricht seinen Methoden komplett. Roberts’ Show heißt „Die Sprache der Pferde“ und ist ein praktischer Vortrag über seine patentierte Methode, mit Pferden umzugehen: „Join up“ nennt sich die Rosstherapie, die angeblich ausnahmslos glückliche Gäule hervorbringt. Bei seinen Auftritten demonstriert er seine Fähigkeit an fremden Pferden, die die ZuschauerInnen mitbringen. Roberts ist seit über zehn Jahren ein Star in der Tiertherapie.

Worüber er mit den Pferden denn nun so redet, beantwortet er ironiefrei: „Ach, im Prinzip über die gleichen Dinge, über die Sie mit Ihren Freunden reden. Wie es ihnen geht, was sie erlebt haben …“

Die „Join up“-Methode bestehe darin, den Tieren zu zeigen, dass sie keine Angst zu haben brauchen, dass er nie und nimmer Gewalt anwenden würde, um ihnen etwas beizubringen. „Pferde sind ängstliche Tiere“, erklärt Roberts. „Das Pferd ist 50 Millionen Jahre alt und hat extrem negative Perioden in seiner Geschichte erlebt. Das steckt immer noch in der Erinnerung.“ Darum und weil das herkömmliche Domptieren mit Bestrafungen einhergehe, seien die meisten Pferde neurotisch, verschreckt und verängstigt. „Das Verhältnis von kranken zu ausgeglichenen Tieren beträgt 3 zu 1“, sagt Roberts, und man glaubt es ihm.

Roberts sagt den Mähren also vor allem, dass sie von ihm nichts zu befürchten haben. Und versucht so, ihr Vertrauen in die Menschen wiederherzustellen – durch Gesten, Anschauen, vorsichtiges Anfassen, Sich-Zeit-Lassen. Belohnung statt Strafen. Das geht nur, weil er schon abertausende Pferde angeguckt und ihre Körperhaltungen studiert hat und weil er an die Intelligenz der Tiere glaubt: „Die ist aber eng begrenzt.“ Warum das nicht schon andere Pferdeliebhaber und -ausnutzer vor ihm so gemacht haben, wundert ihn. Im Gegenteil, zum Beispiel die Indianer, von denen in Europa jeder denkt, sie verstünden sich spitzenmäßig und per gehauchter Bitte mit ihren Tieren (siehe Iltschi und Hatatitla), seien besonders schlimm: „Indian breaking“ heißt eine brutale Methode, den Willen der Tiere durch Nahrungsentzug zu brechen.

Roberts meint es so ernst, wie es nur je ein tierfreundlicher Rossdoktor meinen konnte. Er liebt Pferde, und damit es ihnen besser geht, macht er Riesenpublicity. Natürlich auch, um Bücher wie „Shy Boy – Gespräche mit einem Mustang“ zu verkaufen. „I’m on a mission“, sagt er und erzählt weiter, dass „Join up“ seit einiger Zeit erfolgreich auf Menschen angewandt wird: Er habe so mal Friede unter zerstrittenen Angestellten eines Autokonzerns geschaffen. Die Methode sei bei Menschen nur ein wenig komplexer. Aber eigentlich gehe es um die gleichen Dinge: Angst, Vertrauensverlust, Unsicherheit. Dann redet er über Gewalt, die er am eigenen Leib erfahren hat – durch seinen Vater.

Am Ende verabschiedet sich der Pferdepazifist wieder mit einem festen Händedruck. Man versucht, noch eine Brise Stallgeruch zu erhaschen. Und hat Lust bekommen, mal wieder ein paar alte Pferdebücher auszumotten. Solche, in denen die Welt zwischen Mensch und Pferd noch halbwegs in Ordnung ist.

Monty Roberts im Tempodrom, Freitag und Samstag, 17.45 und 20.00 Uhr