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Archiv-Artikel

Ostsee-Wimbledon

Mit der Beach-Volleyball-EM will Timmendorfer Strand einen Mythos in der Sportszene etablieren – manch hausgemachtem Problem zum Trotz

von Oliver Kamp

Der Sommer beginnt, und Norddeutschland rüstet seine Strände für den Ansturm der Beach-Volleyballwütigen. Neben bemühten Amateuren sind in dieser Woche auch die besten europäischen Beach-Volleyball-AthletInnen in Timmendorfer Strand zu bestaunen. Vom 9.–13. Juni buhlt die Beach-Volleyball-Europameisterschaft um Aufmerksamkeit. Undankbarerweise bereits in der Qualifikation am Start: Jörg Ahmann/Axel Hager. Das älteste Ehepaar der Strand-Szene darf seine vermeintlich ansteigende Form bereits am frühen Mittwoch beweisen. Stets dankbar für die in Sydney gewonnene Bronzemedaille, hätte der Ausrichter die Herrschaften gern mit einer Wildcard ausgestattet, doch luxemburgische Präsidenten von Europäischen Volleyballverbänden haben andere Prioritäten. Nun dürfen Jörg und Axel eine bunte Woche an der Ostsee verleben, um vielleicht am Ende die 17.500 Euro Preisgeld, den Titel und weiteres mitzunehmen.

Realistischere Chancen aus deutscher Sicht haben Jonas Reckermann und Markus Dieckmann: Am zurückliegenden Wochenende verloren die beiden zwar erneut im Finale eines Weltserien-Turniers, aber so konstant und erfolgreich war noch kein deutsches Männer- oder Frauen-Team zuvor.

Die amtierenden Europameisterinnen Stephie Pohl/Okka Rau geben formal zur Zeit ein jämmerliches Bild ab: Niederlagen, wohin das Auge blickt. „Wir haben uns bis vor kurzem viel mit Medienarbeit und Ähnlichem beschäftigt. Einerseits sichert uns dies Bekanntheit und Sponsoren, andererseits haben wir dafür bislang die sportliche Quittung erhalten“, analysiert Okka Rau. Just dem Flugzeug aus Japan entstiegen, schaut die Beach-Volleyballerin des vergangenen Jahres der weiteren Entwicklung, so erwartungsgemäß wie glaubwürdig, positiv entgegen.

An der Seebrücke in Timmendorfer Strand wird bei Frauen und Männern mit jeweils 24 Teams gespielt. Maximal drei Teams pro Nation können im Hauptfeld starten, Gastgeber Deutschland hat das Recht auf vier Duos. Das Hauptfeld beginnt zunächst im „Pool-Play“ mit sechs Vierergruppen, dem eine „Single-Elimination“ mit 16 Teams folgt – die jeweils beiden Gruppenbesten sowie die vier besten Drittplatzierten erreichen die KO-Runde.

In den Jahren zuvor wurde die Europameisterschaft stets am Ende der Saison gespielt und diente den Aktiven zu einem geruhsamen Jahresausklang. Mit der Verlegung in den Frühsommer soll der Sportart mehr Aufmerksamkeit ermöglicht werden. Theoretisch klug, doch stolpert die Beach-Volleyball-EM in Zeiten der werbewirtschaftlichen Mittelverknappung mehr schlecht als recht ins Ziel. Das Schlimmste für Fans des Beach-Volleyball: Das fußballerische Paralleluniversum ist – sogar unabhängig vom Spielniveau – bestialisch gut in Form. Bei der zeitgleich stattfindenden Fußball-EM in Portugal wetteifern die TV-Stationen um Sendeminuten und Markenartikler um Werbefläche. Hausgemacht seitens des Volleyball-Verbands sind zahlreiche Probleme und vermurkst wurden viele Entscheidungen.