: Alle versetzen?
Schuldezernent widerspricht der CDU: In Bremerhaven gibt es keine Anweisung gegen das Sitzenbleiben
taz ■ Hat er oder hat er nicht, das ist in Bremerhaven die Frage. Auf einer Schulleiter-Sitzung soll Oberschulrat Michael Porwoll so deutlich sein Ziel formuliert haben, dass niemand mehr in der 7. Hauptschulklasse sitzen bleibt, dass manche das als „Anordnung“ verstanden haben. Sagt der Bildungspolitiker der CDU in Bremerhaven, Michel Ravens.
Bildungs-Dezernent Wolfgang Weiss widerspricht: Es gebe keine Anordnung, und hätte der CDU-Politiker nur einmal bei ihm nachgefragt, dann hätte man ihn aufklären können. Es gibt in den meisten Hauptschulen „Wiederholer“ in der 7. Hauptschulklasse, sagt Weiss, schon daraus könne man folgern, dass es keine „Anweisung“ des Oberschulrates in diesem Jahr gebe. Aber es sei eben Wahlkampf, das erkläre vielleicht den Aktivismus der CDU.
Die CDU-nahe „Initiative neue Bildungspolitik“ lässt sich so leicht aber nicht abwimmeln. Die Informationen aus den Schulen seien eindeutig, sagt Winfried Stölting, Sprecher der Initiative und selbst von Beruf Lehrer. Wobei eigentlich alle dafür sind, Hauptschüler so zu fördern, dass sie keine Klasse wiederholen müssen. Aber der „Modellversuch“, mit dem einzelne Schulen solche Förderkurse bezahlt bekommen können, ist bisher vom Magistrat nicht beschlossen worden. Wer nur einfach sagt, alle werden versetzt, auch Schulschwänzer und Schulverweigerer, der mache die Hauptschule zur reinen Aufbewahr-Anstalt, sagt Stölting.
Von einer Schule, die angeblich die Anweisung bekommen hat, alle Hauptschüler der 7. Klasse zu versetzen, ist keine Auskunft zu bekommen: Der Schulrat Weiss habe Auskünfte über interne Angelegenheiten untersagt.
Die Jusos begrüßen es derweil, „dass das Schulamt neue Wege geht, um Hauptschülerinnen und Hauptschüler zu stärken“, erklärten die Bremerhavener Jusos gestern. Schwierige Schüler dürften nicht einfach „ausgesiebt“ werden durch Nichtversetzung, sagt der Juso-Vorsitzende Ellas Tsartilldis. Erst die Abschaffung des Sitzenbleibens mache „eine wirkliche Förderung von schwachen Schülern für Lehrerinnen und Lehrer unvermeidlich“.
Die vorliegenden Zahlenwerke darüber, wie hoch genau die Sitzenbleiberquote ist, sind nicht besonders aktuell, sagt Schuldezernent Weiss. In den letzten zehn Jahren lagen sie zwischen fünf und zehn Prozent, die letzte Zahl stammt von 1999: Da mussten 7,4 Prozent der Hauptschüler die Klasse wiederholen. Das sei aus pädagogischen Gründen viel zu viel, findet Weiss, und natürlich auch teuer. Der Schuldezernent hofft, dass der Magistrat sich demnächst auf „Modellversuche“ zur Abschaffung des Sitzenbleibens verständigt. Im kommenden Schuljahr gebe es aus „Pisa-Geldern“ Förderprogramme für Hauptschüler in der 8. Jahrgangsstufe. kawe