Gesine Schwan fördert ihre Universität

Als Bundespräsidentenkandidatin bekam die Sozialdemokratin Zuspruch von allen Seiten. Jetzt wirft ihr die CDU Mauschelei mit dem SPD-Chef und Bundeskanzler vor. Es geht um 50 Millionen Euro Subventionen. Und Schwan dementiert wachsweich

AUS BERLIN UWE RADA

Hat sie, oder hat sie nicht? Hat sich Gesine Schwan die Kandidatur fürs Amt der Bundespräsidentin mit einer Millionenzusage für die Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder) vergolden lassen? Oder wären die 50 Millionen Euro, von denen nun die Rede ist, ohnehin geflossen?

Die Opposition jedenfalls wittert einen Deal. „Hier wird wohl eine Genossin mit Bundesmitteln für ihren Parteieinsatz belohnt“, kommentierte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann eine Spiegel-Meldung, laut der die Viadrina 50 Millionen Euro aus Bundesmitteln bekomme. Das Geld solle als Startkapital für den Ausbau der Europauniversität zu einer deutsch-polnisch-französischen Stiftungsuniversität verwendet werden. Austermann weiter: „Das Geschacher wirft nachträglich ein schlechtes Licht auf die Kandidatin und ihre Kandidatur.“

Schwan selbst nahm gestern zu den Vorwürfen nicht direkt Stellung. Vielmehr betonte sie, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den Ausbau der Viadrina zur trinationalen Stiftungsuniversität bereits seit drei Jahren unterstütze. Schwan wörtlich: „Die Europauniversität freut sich, wenn die Realisierung dieses Projekts in greifbare Nähe rückt.“

Ein Dementi hätte der umtriebigen Politikwissenschaftlerin auch keiner abgenommen. Zu freiherzig hatte sie in den vergangenen Monaten davon gesprochen, dass ihre Kandidatur im Falle eines Scheiterns auch der Viadrina nützen müsse. Worin dieser Nutzen besteht, hat sie freilich offen gelassen. Denn nicht Gerhard Schröder galt es vom Vorhaben einer trinationalen Stiftungsuniversität zu überzeugen, sondern Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD).

Schon vor ihrer Kandidatur fürs Bundespräsidentenamt hatte Schwan der taz verraten: „Im Grunde sind sich alle einig. Dass es noch nicht vorankommt, liegt einzig am Bildungsministerium.“ Es könnte also auch sein, dass sich Schröders „Belohnung“ auf Überzeugungsarbeit am rot-grünen Kabinettstisch beschränkte.

Dem würde auch das Durcheinander um die Spiegel-Meldung entsprechen. Schwans Referent hatte am Wochenende die Summe von 50 Millionen bestätigt. Im Bildungsministerium ließ man gestern dagegen anklingen, dass diese Summe zu hoch angesetzt sei. „Wir verhandeln gerade mit Polen und Frankreich über die Einrichtung zweier trinationaler Studiengänge“, sagte Bulmahns Sprecher Florian Frank. Kostenpunkt: einmalig 4,5 Millionen plus 1,7 jährlich, verteilt auf die drei Länder Deutschland, Polen und Frankreich. Die Ministerin selber wurde gestern deutlicher: „In meinem Etat ist nichts eingeplant.“

Dass Bulmahn nicht erfreut sein dürfte, eventuelle Zusagen des Kanzlers über 50 Millionen aus ihrem eigenen Haushalt zu bestreiten, liegt auf der Hand. Gerade erst verkündete die Ministerin, dass für die lange geplanten Eliteunis bis 2010 rund 1,9 Milliarden Euro vorgesehen, von denen der Bund 75 Prozent übernimmt.

Hat Schwan also, oder hat sie nicht? Fest stehen dürfte, dass 50 Millionen für die Viadrina ohne eine Kandidatur Gesine Schwans nicht so einfach fließen würden. Ob sie aber tatsächlich fließen, ist vorerst weiter fraglich.

Verdient aber hätte es die Viadrina allemal. War schon die Einrichtung einer deutsch-polnischen Europauniversität vor mehr als zehn Jahren wegweisend, würde eine deutsch-polnisch-französische Stiftungsuniversität womöglich jenes universitäre und intellektuelle Bindeglied zwischen altem und neuem Europa werden, das so dringend nötig wäre.