: Scheitern gilt jungen Migranten als Erfolg
Die geringen Chancen von jungen Migranten auf einen Ausbildungsplatz haben sich weiter verschlechtert. Ein Projekt des Türkischen Bundes versucht daher Kontakte zu Firmen zu verbessern und die Jugendlichen zu motivieren
Auf dem Ausbildungsmarkt weht ein immer härterer Wind – und damit verschärft sich auch die Situation ausländischer Jugendlicher in Berlin: Deren Voraussetzungen sind oft noch schlechter. Darauf machte die Initiative zur Berufs- und Beschäftigungsmotivierung (IBB) anlässlich ihres fünfjährigen Bestehens aufmerksam. So stammen nur 5,1 Prozent der Auszubildenden in Berlin aus nichtdeutschen Familien. 1995 waren es immerhin noch 8,1 Prozent.
Ein Grund ist die alarmierend hohe Zahl derer, die die Schule ohne Abschluss verlassen und damit kaum Aussicht auf einen Ausbildungsplatz haben: mehr als ein Viertel der türkischen Jugendlichen. Bei ihren deutschen Altersgenossen trifft das weniger als ein Zehntel. Doch auch für diejenigen mit Schulabschluss gibt es Schwierigkeiten bei der Vermittlung von Ausbildungsplätzen.
Hemmnis Nummer eins seien die mangelnden Deutschkenntnisse, sagte Cordula Busch von der Agentur für Arbeit Berlin Mitte: Sprachschwierigkeiten in Wort und Schrift schlügen sich in allen Fächern nieder: „Deshalb sagen die Noten wenig über die tatsächliche Begabung eines Jugendlichen aus, was die Beratung erschwert.“ Problematisch sei auch, dass oft der Rückhalt in der Familie fehle oder in den Cliquen der Jugendlichen Scheitern bei der Ausbildungsplatzsuche als Erfolgsgeschichte gelte.
Die Arbeitslosigkeit unter Ausländern liegt in Berlin bei 40 Prozent. Wenig verwunderlich also, dass viele jugendliche Migranten kaum eine berufliche Perspektive sehen. „Ich habe ja doch keine Chance!“, sagten Jugendliche häufig in den Beratungsgesprächen, erzählt Bettina Michalski, die Leiterin des IBB-Projekts.
Seit fünf Jahren bemühen sich die MitarbeiterInnen von IBB, die Ausbildungschancen türkischstämmiger Jugendlicher zu verbessern. Das IBB-Team soll sie und ihre Eltern motivieren, beraten und weiterbilden. Auch bei fehlendem „Vitamin B“ – persönlichen Beziehungen zu Arbeitgebern – versucht die Initiative auszuhelfen: „Früher hatten Jugendliche Onkel oder Tante bei großen Firmen“, sagte Michalski, „solche Netzwerke wollen wir für ausländische Jugendliche aufbauen.“ Zu den Kontakten von IBB gehören neben kleinen Betrieben auch die Berliner Volksbank, Schering oder die S-Bahn Berlin GmbH.
IBB ist ein Projekt des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB) und wird von der Agentur für Arbeit Berlin Mitte finanziert. Nach eigenen Angaben hat die Initiative seit ihrer Gründung 3.000 Jugendliche beraten. „70 Prozent davon konnten wir in den vergangenen Jahren zu einer Vorbereitungsmaßnahme, einer Ausbildung oder einer Arbeit verhelfen“, so Michalski. FLORIAN HÖHNE