Kleinwaffen fordern 500.000 Tote pro Jahr

Die UNO-Konferenz zur Eindämmung des Handels von Pistolen und Gewehren bleibt bei unverbindlichen Appellen

GENF taz ■ Die Bemühungen der UNO-Mitgliedsstaaten, die Weiterverbreitung von Kleinwaffen einzudämmen, bleiben weiterhin erheblich hinter den Erfordernissen zurück. Die erste Überprüfungskonferenz der 156 Unterzeichnerstaaten des 2001 vereinbarten „UN-Aktionsplans zur Unterbindung des illegalen Handels mit kleinen und leichten Waffen“ endete in der Nacht zum Samstag in New York lediglich mit unverbindlichen Appellen zu „mehr Kooperation“. Die Forderung von UNO-Generalsekretär Kofi Annan sowie von 500 im „Internationalen Aktionsnetz gegen Kleinwaffen (IANSA)“ zusammengeschlossenen regierungsunabhängigen Organisationen nach einem verbindlichen „weltweiten Pakt“ gegen Kleinwaffen scheiterte am Widerstand der USA und anderer Länder.

Laut einer der Konferenz vom UNO-Generalsekretariat vorgelegten Studie kommen jährlich rund 500.000 Menschen durch Kleinwaffen ums Leben, 60 pro Stunde. 90 Prozent der Opfer sind Frauen und Kinder. Die rund 50 bewaffneten Konflikte seit Ende des Kalten Krieges 1989/90 wurden fast nur mit Kleinwaffen ausgetragen.

Als „Massenvernichtungswaffen der heutigen Kriege“ bezeichnete der Geschäftsführer der deutschen Sektion des UNO-Kinderhilfswerks Unicef, Dieter Garlichs, in New York das Sturmgewehr G-3 der deutschen Rüstungsfirma Heckler & Koch oder die russische Kalaschnikow, zwei der weltweit am meisten verbreiteten Kleinwaffentypen. Derartige Waffen machen laut Garlichs „auch den Missbrauch von Kindern als Soldaten erst möglich“.

Trotz dieser Tatsachen wurden die vor zwei Jahren im UN-Aktionsplan vereinbarten Maßnahmen bislang kaum umgesetzt. Nach einer Untersuchung der IASA haben lediglich 19 der 156 Unterzeichnerstaaten ihre nationalen Rüstungsexportbestimmungen überprüft und teilweise verschärft. 37 Länder etablierten die im Aktionsplan vorgesehenen nationalen Komitees zur Kontrolle von Produktion und Handel mit Kleinwaffen. Erst 65 Staaten legten dem UNO-Generalsekretariat einen Bericht über ihre Maßnahmen zur Umsetzung des Aktionsplanes vor.

Der Vorschlag, Kleinwaffen ab ihrer Produktion so zu kennzeichnen und zu registrieren, dass ihre Herkunft bestimmbar und ihre Verbreitungswege nachvollziehbar sind, scheiterte auf der New Yorker Überprüfungskonferenz erneut an den USA. Bereits 2001 hatte die Bush-Administration unter dem Einfluss der mächtigen „National Rifle Association“ (NRA) die Aufnahme dieser und anderer Maßnahmen in den UN-Aktionsplan verhindert. Außerdem lehnte sie die Forderung vor allem afrikanischer Regierungen ab, Waffenlieferungen an nichtstaatliche Abnehmer zu unterbinden.

Die USA sind nicht nur der mit Abstand größte Produzent und Exporteur, sondern auch das Land mit der größtem Kleinwaffendichte. Nach einer letzte Woche veröffentlichten Untersuchung des Instituts für Internationale Studien in Genf besitzen 96 von 100 US-BürgerInnen eine Pistole oder ein Gewehr. In den EU-Staaten verfügen 17 Prozent der EinwohnerInnen über eine Schusswaffe. ANDREAS ZUMACH

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