: Schwarz-Grün auf Droge
Drogenberatungsstelle SChance zieht Erfolgsbilanz der ersten Monate. Gesundheitsstaatsrat Dietrich Wersich will keinen Druckraum im Schanzenviertel, würde ihn der CDU-GAL-Koalition in Altona aber nicht verweigern. Nur kosten darf er nichts
Von Marco Carini
Der zentrale Satz lautet: „Wir stehen dem nicht im Wege.“ Wenn die schwarz-grüne Koalition in Altona, die am 21. Juni endgültig geschmiedet werden soll, auf der Einrichtung eines „Gesundheitsraumes“ in der neuen Drogenberatungsstelle SChance bestehe, dann werde es ihn auch geben, macht Gesundheitsstaatsrat Dietrich Wersich (CDU) klar. Dass seine Behörde ein solches Konzept nur aus koalitionspolitischen Gründen passieren lassen würde, mag er nicht verhehlen: Die Einrichtung eines Raumes, in dem unter Aufsicht illegale Drogen intravenös konsumiert werden könnten, sei „wenig sinnvoll“.
Seit Anfang des Jahres versucht die neue Drogenberatungsstelle SChance zumindest zum Teil aufzufangen, was die Schließung des Fixsterns bei der Versorgung von Suchtkranken im Schanzenviertel an Lücken hat entstehen lassen: So werden ausstiegsorientierte Drogenberatung, Spritzentausch, Wundversorgung und Akupunktur in den grünen Containern auf dem Eckgrundstück Schulterblatt/Max-Brauer-Allee angeboten.
Dazu gesellt sich eine umfangreiche Sozialberatung, die Klienten bei Obdachlosigkeit oder Schulden helfen soll. „Wir werden immer besser angenommen“, weiß Jennifer Russack, die Leiterin der Einrichtung. So konnte die SChance seit Jahresbeginn die Zahl der Kontakte zu Drogenabhängigen genauso verdoppeln wie die der Beratungen und der getauschten Spritzen.
Für die Einrichtung eines Druckraumes würde die Gesundheitsbehörde jedoch keinen zusätzlichen Euro zur Verfügung stellen. Da dies zwangsläufig zu Lasten des Beratungsangebotes und der Öffnungszeiten gehen würde, steht auch der Träger der SChance, die „Therapiehilfe e.V.“, dem von der GAL geforderten Druckraum-Vorschlag skeptisch gegenüber. Therapiehilfe-Sprecherin Nicole Schmidt formuliert es diplomatisch: „Wir sind nicht sicher, ob das eine gute Lösung wäre, und wollen erst mal schauen, wie die jetzige Angebotspalette funktioniert.“ Zusatzangebote wie Regenerationsräume für Crack-Raucher halte sie für sinnvoller.
Nach übereinstimmender Beurteilung der meisten Fachleute besuchen viele ehemalige Nutzer des ausgelaufenen Fixstern-Druckraums heute die entsprechenden Räume im Drob Inn und im Stay Alive. Zu einer von Kritikern der Fixstern-Schließung befürchteten „Verelendung der Süchtigen im Schanzenviertel“ sei es – laut Wersich – nicht gekommen. Allerdings gebe es eine sichtbare Zunahme des Drogenhandels im Bereich der Bahnstrecke zwischen Sternschanze und Diebsteich.
Wenn kommende Woche der Altonaer Koalitionsvertrag festgezurrt werden wird, entscheidet sich damit auch das weitere Schicksal der SChance. Altonas GAL-Fraktionschefin Gesche Boehlich will bis dahin „keine Wasserstandsmeldungen“ über die Vertragsdetails abgeben.
Ein weiteres Damoklesschwert: Die SChance soll nur zwei Jahre wirken dürfen, für 2006 sind keine Haushaltsmittel mehr vorgesehen. FDP-Gesundheitspolitiker Wieland Schinnenburg ist schon heute sicher, „dass eine Drogenberatung im Schanzenviertel auch danach gebraucht wird“. Immerhin, so freut sich der Liberale, „hat Herr Wersich seine kritische Haltung gegenüber jeder Drogenhilfeeinrichtung im Schanzenviertel aufgegeben und damit Lernfähigkeit bewiesen“. Der SPD-Gesundheitsexperte Martin Schäfer hingegen betont: „Da laut Therapiehilfe die Zahl der getauschten Spritzbestecke weiterhin sehr hoch ist, brauchen wir hier auch einen Druckraum für den kontrollierten, weniger gesundheitsgefährdenden Konsum.“