: Maut für Autos entzweit die Union
Pkw-Maut, Tempolimit, Überholverbot – was die CSU gestern in einem umweltstrategischen Papier forderte, erzürnt die Schwesterpartei. Die Idee ist aber nicht ökologisch: Die CSU will so die Kfz-Steuer abschaffen, die für Mineralöl senken
aus Münschen JÖRG SCHALLENBERG
Tempolimit? Tatsächlich: Er hat Tempolimit gesagt. Es ist doch verblüffend, für welche Überraschungen die CSU immer wieder gut ist. Er persönlich, verkündete da Josef Göppel, Vorsitzender des Umwelt-Arbeitskreises bei den Christsozialen, sei ja durchaus für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen. Nicht gleich Tempo 100, aber dass bei Tempo 130 Schluss ist, könne er sich schon vorstellen. Nur leider, schloss Göppel, „ist das ja nicht mal mit den Grünen in Berlin zu machen.“ Noch weniger allerdings mit der CDU.
Bei der dürfte man ohnehin nicht in Begeisterung ausgebrochen sein über das umweltpolitische Strategiepapier „Schützen und Gestalten“, das die Schwesterpartei CSU gestern in München vorstellte. Denn als Kernpunkt fordert die CSU eine Maut für alle Fahrzeuge auf deutschen und europäischen Straßen. Beim CSU-Parteitag am kommenden Wochenende soll das vom Parteivorstand erarbeitete Papier verabschiedet werden.
In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hingegen lehnt man den Vorstoß aus Bayern ab. Karl Lippold, der Verkehrsexperte der Fraktion, erteilte gestern jeder Maut für Autos eine Absage. Die FDP befand auf ihrer Präsidiumssitzung in Berlin gleich pauschal, dass an zusätzliche Belastungen für Autofahrer nicht zu denken sei. Die Idee des CDU-Haushaltexperten Manfred Carstens, durch eine Autobahnmaut Teile der Steuerreform zu finanzieren, fanden wiederum von der FDP bis zum CSU-Vorstand alle gleichermaßen indiskutabel.
„Das ist genau das, was wir nicht wollen“, betonte Alois Glück, Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion, in München. Die CSU will im Gegenzug zur erhobenen Autobahnmaut die Mineralölsteuern senken und die Kfz-Steuer ganz abschaffen. Die Maut soll abhängig sein von der individuellen Fahrleistung, die man per elektronischer Kontrolle am Fahrzeug messen könne. „Vielfahrer zahlen mehr als Wenigfahrer“, erklärte Glück. Die Einnahmen aus der Maut sollen der europäischen Verkehrsinfrastruktur zugute kommen.
Um den Schadstoffausstoß zu reduzieren, tritt die CSU in ihrem Umwelt-Papier außerdem für ein weitgehendes Überholverbot für Lastwagen auf zweispurigen Autobahnen ein – ein generelles Überholverbot, wie von CSU- Umweltpolitikern gefordert, fiel Verhandlungen im Parteivorstand zum Opfer.
Auch die Forderung, für die Entwicklungspolitik internationale Devisentransaktionen zu besteuern, wurde fallen gelassen. Drin blieb dagegen der Passus, dass die Industrie den Spritverbrauch der Autos bis zum Jahr 2020 halbieren und ein Drittel aller Neuwagen mit Wasserstoff, Brennstoffzellen, Gas oder anderen CO2-freien Treibstoffen fahren lassen soll. Außerdem sollen die Steuervergünstigungen für Flugbenzin schrittweise abgebaut werden.
An der Atomenergie will die CSU dagegen auf „vorhersehbare Zeit“ festhalten – zumindest solange erneuerbare Energien aus bayerischer Sicht noch keine Alternative darstellten.