Kohlekraftwerk Moorburg doppelt gemoppelt

Auch nach Fertigstellung der Anlage will Vattenfall das Vorgängerkraftwerk in Wedel weiterlaufen lassen: Damit solle der Start des neuen Kraftwerks abgesichert werden. Langfristig will der Konzern den Standort freihalten

Wenn das umstrittene große Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg 2012 eingeschaltet wird, bleibt sein Vorgängerkraftwerk in Wedel vorerst in Betrieb. Diese Ankündigung des Energiekonzerns Vattenfall ist am Donnerstag scharf kritisiert worden. Die Umweltverbände Greenpeace und Nabu ebenso wie die Bürgerschaftsfraktionen der SPD und der Linken werfen Vattenfall vor, die Öffentlichkeit getäuscht zu haben. Schließlich habe Vattenfall argumentiert, Moorburg werde Wedel ersetzen.

In Moorburg soll mit einer Leistung von 1.650 Megawatt Strom eines der größten Steinkohlekraftwerke Deutschlands gebaut werden. Außerdem soll es 650 Megawatt Fernwärme in das Hamburger Netz einspeisen. Die Hamburger Grünen (GAL) als Juniorpartner einer Koalition mit der CDU hatten vergeblich versucht, das Kraftwerk mit den Mitteln des Genehmigungsrechts zu verhindern.

Vattenfall wirbt für Moorburg mit dem Argument, es würde pro Jahr 2,3 Millionen Tonnen CO2 weniger ausstoßen als ein Kohlekraftwerk alter Bauart gleicher Größe. Komme das Kraftwerk in Moorburg, werde jenes in Wedel abgeschaltet.

Dass das jetzt nicht sofort geschehen soll, provozierte wütende Reaktionen. „Um weiter zu wachsen, ist Vattenfall anscheinend jedes Mittel recht“, schimpfte Karsten Smid von Greenpeace. „Dass Vattenfall jetzt doch beide Kohlekraftwerke betreiben will, zeigt die ganze Verlogenheit des Energieriesen“, sagte Stehpan Zirpel vom Nabu. „Neue Kraftwerke dienen dem Klimaschutz nur, wenn alte ineffiziente Anlagen vom Netz gehen“, mahnte die SPD. Und die Linke höhnte, hier sei zu sehen, wohin die Kuschelpolitik des schwarz-grünen Senats mit dem Energiekonzern Vattenfall geführt habe.

Vattenfall sieht sich missverstanden und spricht von einer Übergangslösung. Wenn 2012/ 2013 das Kraftwerk Moorburg erstmals die Fernwärmeversorgung übernimmt, soll das alte Kraftwerk in Wedel für Notfälle bereitstehen. Deshalb soll es auf Sparflamme weiterlaufen.

Ab Frühjahr 2013 will Vattenfall das Heizkraftwerk Wedel abschalten. Es soll aber noch ein Jahr lang stehen bleiben, damit es notfalls für kurze Zeit angefahren werden kann, falls am Kraftwerk Moorburg oder der neuen Fernwärmetrasse nachgearbeitet werden müsste. 2014 will der Stromkonzern mit dem Abriss in Wedel beginnen.

Das Grundstück will Vattenfall behalten. Zum einen stehe darauf ein Gasturbinenkraftwerk mit 102 Megawatt elektrischer Leistung. Es könne schnell angefahren werden, um Ausfälle auszugleichen und Spitzenlasten abzudecken. Zum anderen solle der Standort mit Blick auf eine unsichere Zukunft für ein Kraftwerk vorgehalten werden. „Dafür gibt es aber keine konkreten Planungen“, sagt Vattenfall-Sprecherin Sabine Neumann.

GERNOT KNÖDLER