piwik no script img

Archiv-Artikel

Wenig Hoffnung für saudische Frauen

Beim dritten nationalen Dialog zur Lage der Frau werden vage Empfehlungen verabschiedet. Ob diese jemals umgesetzt werden, ist offen. Und die eigentlichen Probleme, wie das der männlichen Vormünder, wurden erst gar nicht berücksichtigt

AUS DSCHIDDAH REEM YESSIN

Der dritte nationale Dialog in Saudi-Arabien zum Thema Frauen ist mit großen Differenzen und enttäuschendem Ergebnis zu Ende gegangen. Die dreitägige Konferenz in Medina, die bis Montag dauerte, beschloss zwar elf Empfehlungen, die sich auf Verbesserungen der Arbeitsmöglichkeiten, der rechtlichen Sicherheit sowie der Stellung der Frau in der Gesellschaft im Vergleich zu ihren männlichen Mitbürgern beziehen. Doch weder wurden die eigentlichen Kernprobleme behandelt, noch ist klar, ob die Empfehlungen jemals umgesetzt werden.

Für eine heftige Kontroverse sorgte beispielsweise das Verbot für Frauen, Auto zu fahren. Grund für die Aufregung lieferte einer der Teilnehmer, Mohammed al-Oraifi, Direktor des Instituts für Lehrerausbildung in Riad, als er am zweiten Konferenztag sagte. „Die saudische Frau hat ihre Rechte bekommen und soll nicht so gierig sein, mehr Recht zu verlangen. Denken Sie nur an die Autospazierfahrt 1991.“ Damals widersetzen sich 47 Frauen in einer demonstrativen Aktion dem Fahrverbot und fuhren mit ihren Autos durch Riad. Im Anschluss wurden ihre männlichen Vormünder auf Polizeistation bestellt; viele Frauen verloren ihre Arbeit. Eine der an der Aktion beteiligten Frauen, die auf der Konferenz anwesend war, brach nach den Äußerungen al-Oraifis in Tränen aus. Dieser entschuldigte sich am Ende der Veranstaltung, er habe nicht beabsichtigt, die Gefühle „seiner Schwestern“ zu verletzen.

Das Leben von Frauen in Saudi-Arabien wird durch viele Faktoren eingeschränkt, aber das größte Hindernis ist ihre Abhängigkeit von einem männlichen Vormund. Ob es um einen Mietvertrag, eine Reiseerlaubnis, oder im Falle einer Scheidung um die Kinder geht, nichts läuft ohne Ehemann, Vater, Onkel oder Bruder. Und die Abschaffung oder auch nur Lockerung dieser zentralen Regel ist in den elf vage gehaltenen Empfehlungen nicht enthalten.

Es war Kronprinz Abdallah, der im Oktober 2003 zum ersten nationalen Dialog in das König-Abdul-Aziz-Kulturzentrum vom Riad einlud. Ziel war, Liberale und Konservative, Männer und Frauen, zusammenzubringen, um über Reformen und ihre Umsetzung zu reden – im Rahmen von Religion und Tradition. Es war das erste Mal, dass die sozioreligiöse und politische Vielfalt im Land offiziell anerkannt wurde. „Ein positiver Antrieb für unsere Reformen,“ bewertet Prinz Abdullah bin Faisal, ein ehemaliger hochrangiger Regierungsbeamter, die nationalen Dialoge.

Die ersten beiden Gesprächsrunden – die zweite fand im Januar 2004 in Mekka statt – befassten sich mit Problemen wie Extremismus und Arbeitslosigkeit. Im Januar wurde von 60 Prozent der Anwesenden eine Empfehlung ausgesprochen, den nächsten Dialog dem Thema Frauen zu widmen. Bei zahlreichen Frauen stieß dies auf Hoffnung und Begeisterung. Über 700 Studien wurden innerhalb von drei Monaten beim König-Abdel-Aziz-Zentrum eingereicht, um sie bei dem Dialog in Medina zur Diskussion zu stellen. Davon wurden 32 ausgewählt, was der Anzahl der Frauen unter den hundert Delegierten entsprach. Bei den ersten beiden Runden lag die Beteiligung von Frauen bei nur 15 Prozent.

Doch ob die Hoffnung der Frauen sich wenigstens ansatzweise erfüllt, hängt nun von Kronprinz Abdullah ab. Er genießt in der Königsfamilie nur wenig Rückendeckung, da er nicht zu den Al-Fahd-Brüdern gehört, also den leiblichen Brüdern des jetzigen Königs. Außerdem ist er ein einzelner Sohn mit einer Schwester, was ihm ebenfalls kaum Unterstützung innerhalb der Familie für die Durchsetzung von Reformen bietet.

„Es wäre falsch, zu glauben, dass einige Dialoge zu einem schnellen Ergebnis in der saudischen Gesellschaft führen werden“, sagte ein westlicher Orientexperte, der ungenannt bleiben möchte. „Eine Konferenz mit 400 Leuten hätte mehr Einfluss haben und dadurch einen größeren Druck auf die Regierung ausüben können.“