: Ein Finanzexperte an der Bassgitarre
Serbiens Notenbankgouverneur Mladjen Dinkić mischt mit Korruptionsvorwürfen die Politikszene auf
„Ich werde Beweise vorlegen, dass Mitglieder der serbischen Regierung korrumpiert und in Geldwäsche verwickelt sind“, drohte mehrmals Mladjen Dinkić, Gouverneur der serbischen Notenbank. Gesagt, getan. Ganz nach seiner Art fuchtelte der 38-jährige Gouverneur am Donnerstag vor laufenden Kameras mit einem Dokument der ungarischen Polizei herum, das Verbindungen der engsten Mitarbeiter des serbischen Premiers zu organisiertem Verbrechen und Geldwäscherei belegen soll. Und wie man es von Dinkić gewohnt ist, löste er ein Tohuwabohu in Serbien aus.
Dinkić ist der untypischste Gouverneur einer Notenbank, den man sich vorstellen kann. Von wegen konservative dunkle Anzüge, von wegen seltene, aufs Fachgebiet konzentrierte Auftritte in der Öffentlichkeit. Der serbische Notenbankchef trägt am liebsten Jeans, T-shirts und Turnschuhe und spielt Bassgitarre in einer Rockband, die sich „Währungsschlag“ nennt.
Dinkić gibt dauernd Interviews, trommelt Pressekonferenzen zusammen, und schlägt dann kompromisslos auf Freund und Feind ein. Er quatscht einfach zu viel, für einen Notenbankgouverneur, sagen selbst Leute, die ihn mögen. Ungerechtigkeit tue ihm weh, sagt man, er könne es nicht ausstehen, dass die Menschen, die Milošević Treue geschworen und Serbien in Krieg und Verderben geführt hatten, jetzt wieder das Sagen haben, den Mund voll nehmen, Politiker bezahlen und von ihnen geschützt werden. Politiker und Notenbankchef gleichzeitg könne man aber nicht sein.
Der gebürtige Belgrader studierte Wirtschaft und wurde früh als ein Wunderkind erkannt. Berühmt wurde er 1995 mit dem Buch „Ökonomie der Destruktion“, in dem er sich mit dem Regime von Milošević auseinander setzte. Er war Mitgründer der Expertengruppe G 17, die mit serbischen Oppositionsparteien den Kampf gegen Milošević aufnahm.
Unterstützt von angesehenen Wirtschaftsexperten bekam er gleich nach der Wende in Serbien seinen ersten richtigen Job: Gouverneur der jugoslawischen Notenbank. Und er vollbrachte tatsächlich ein Wunder: Nur wenige Jahre nach der höchsten Inflation der Weltgeschichte, schaffte es Dinkić einen in vielen Ländern konvertiblen, stabilen Dinar zu etablieren. Entschlossen schaffte er Ordnung im serbischen Bankendschungel, vertrieb Devisenhändler von den Straßen, holte ausländische Banken ins Land und erklärte ein Dutzend zahlungsunfähige einheimische Banken für bankrott.
Er schlug auch auf Privatbanken von Milošević’ Gefährten ein und schloss sie wegen „gesetzwidriger“ Geschäfte. Die Popularität des jungen, „sauberen“, Gouverneurs stieg, ebenso häufte sich die Anzahl seiner Feinde.
Als die Expertengruppe G 17 zu Jahresbeginn als eine Partei registriert wurde, angeführt von dem ebenso populären ehemaligen Vizebundespremier, Miroljub Labus, und Dinkić, brach ein politischer Krieg zwischen Notenbankgouverneur und Regierung aus. Laut Umfragen soll die G 17 gleich nach der Gründung die drittstärkste Patrtei gewesen sein. Die die Regierung anführende „Demokratische Partei“ (DS) witterte Konkurrenz. Die Tage Dinkić’ als Notenbankgouverneur sind gezählt. Ein Gesetz über die Notenbank soll der DS seine Ablösung ermöglichen. Doch Dinkić’ politische Karriere hat erst begonnen. ANDREJ IVANJI