: Heimspiel für Fans
Zur Fußball-EM werden etliche Fans mit Meldeauflagen. Nicht nur gewaltbereite Anhänger sind betroffen
DÜSSELDORF taz/dpa ■ Für zahlreiche Fußballfans findet die Europameisterschaft 2004 ausschließlich vor dem eigenen Fernseher statt. Wie schon während der EM 2000 in den Niederlanden und Belgien lässt die Polizei verdächtige Fans in diesen Tagen nicht aus dem Blick. Bis Freitag hatten Beamte 1.933 „Verdächtige“ zu Hause oder am Arbeitsplatz aufgesucht. Davon müssen 139 Fußballfans Meldeauflagen nachkommen. 128 Fans wurde mit „Pass- und Personalausweis-beschränkenden Maßnahmen“ die Ausreise aus Deutschland untersagt, teilte die „Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS) im Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen mit. Außerdem wurden die Grenzkontrollen bei der Ausreise eingeführt.
Ein Großteil der verdächtigten Anhänger lebt in NRW. Allein in Bochum sind über 100 Personen angesprochen worden. „Den Leuten wird von uns in aller Deutlichkeit gesagt, dass es für sie nicht sinnvoll ist, an die Spielorte zu reisen“, sagte LKA-Sprecher Frank Scheulen. Betroffen seien nur Fans, die in der Vergangenheit in Zusammenhang von Fußballspielen oder anderen Sportveranstaltungen durch Straftaten wie Körperverletzung oder Landfriedensbruch aufgefallen seien. „Es müssen aktuelle Hinweise vorliegen, sonst geht nichts“, sagte Scheulen. Jeder Fall müsse einzeln geprüft werden, jede Maßnahme einer Überprüfung durch ein Verwaltungsgericht standhalten.
Grundlage für die Überprüfungen ist die umstrittene Datei „Gewalttäter Sport“ der ZIS. Aktuell sind in der Datei rund 4.500 Personen gespeichert. Oft genügt die polizeiliche Registrierung persönlicher Daten am Rande eines Fußballspiels. Die Daten werden bis zu fünf Jahre gespeichert. Das LKA erteilt Auskünfte nur nach Anfrage. Wer keine Initiative zur Löschung betreibt, bleibt oft auch länger gespeichert. Das Problem: „Manche Leute wissen gar nicht, dass sie in der Datei sind“, sagt Jürgen Scheidle vom Fanprojekt Bochum. Nicht alle Personen, deren Daten gespeichert sind, könnten daher als Gewalttäter eingestuft werden. An der Grenze kommt es daher öfters zu bösen Überraschungen.
Die aktuellen Maßnahmen des LKA sollen erst nach Ende der Europameisterschaft 2004 wieder zurück gefahren werden. „Wir haben mit Beginn der EM nicht die Hände in den Schoß gelegt“, so der LKA-Sprecher. Aufwendig sei die Europameisterschaft vor allem für potenzielle Hooligans mit Meldeauflagen. Am Abend vor dem Spiel und noch einmal morgens, mittags und abends am Spieltag müssen sich die Betroffenen in der örtlichen Polizeiwache melden – das sei durchaus im Rahmen, so Scheulen. HOLGER PAULER