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Archiv-Artikel

Flüchtlinge dürfen lernen

Ausländische Kinder mit Duldung unterliegen jetzt der Schulpflicht – LehrerInnen begrüßen die Neuregelung

RUHR taz ■ Im nächsten Schuljahr drücken auch Flüchtlingskinder die Schulbank: Mit einem neuen Schulgesetz für Nordrhein-Westfalen sollen erstmals auch Kinder von Asylbewerbern und geduldeten Flüchtlingen die volle Schulpflicht erhalten. Bisher hatten sie lediglich ein Schulbesuchsrecht. Flüchtlingsorganisationen begrüßen, dass damit endlich der Gleichheitsgrundsatz der UN-Kinderrechtskonvention erfüllt werde.

Für Lehrerinnen und Lehrer bedeutet die neue Schulpflicht eine erhebliche Vereinfachung: „Wir haben bisher keine Handhabe, wenn geduldete Schüler an einer Schule angemeldet sind, dann aber nicht oder nur unregelmäßig kommen“, sagt Friedhelm Brockhausen, Leiter einer Sonderschule in Münster. Dabei sei gerade der Schulbesuch entscheidend für eine funktionierende Integration und die Vermittlung von gesellschaftlichen Werten und Normen.

Nach Erfahrungen von Lehrern und Schulsozialarbeitern sehen es gerade die Eltern in „bildungsfernen Milieus“ oft als nicht so wichtig an, ihre Kinder regelmäßig zur Schule zu schicken. Aus diesen Milieus sind besonders häufig Roma-Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, die dort häufig selbst keine Schule besucht haben. Mehrere tausend Roma leben seit bis zu 15 Jahren in NRW – mit immer wieder verlängerten Duldungen. Wie viele dieser Kinder tatsächlich nicht zur Schule gehen, ist statistisch nicht erfasst. Hinzu kommt, so Brockhausen, dass mit einer Duldung kaum eine Chance besteht, einen Ausbildungsplatz zu erhalten: „Ältere besuchen die Schule nicht mehr, wenn ihnen ihre Perspektivlosigkeit klar wird.“ Auch in einem weiteren Punkt sind die Schulen vom aufenthaltsrechtlichen Status der Schüler direkt betroffen: „Immer, wenn die Duldung ausläuft, kommt Unruhe unter den betroffenen Schülern auf“, sagt Ulla Bultmann, Leiterin der Norbert-Grundschule in Münster. Manche Kinder kämen dann wochenlang nicht in den Unterricht – auch aus Furcht, die Ausländerbehörde könne sie auf dem Schulweg abgreifen.

Volker Maria Hügel von der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender in Münster fordert: „Den langjährig hier geduldeten Flüchtlingen muss endlich ein sicheres Aufenthaltsrecht eingeräumt werden“. CLAUDIUS VOIGT