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Archiv-Artikel

Expedition ins Ungewisse

Wenn die Ferien ins Wasser fallen, kann man umso besser Schiffe versenken: Urlaub im Deutschland ist das letzte echte Abenteuer – gegen das Regenrisiko hilft auch keine „Schönwettergarantie“

VON BARBARA DRIBBUSCH

In Hofbieber in der Rhön haben die Tourismusexperten ein Händchen für geschickte Eigenwerbung. Sie wissen, welche Ängste TouristInnen umtreiben, die eine Ferienwoche in Deutschland gebucht haben und sich damit tapfer der größten Gefahr aussetzen, der man als Urlauber überhaupt begegnen kann: dem Wetterrisiko. Hofbieber gibt eine „Schönwettergarantie 2004“.

Die Bedingungen dieser Garantie lesen sich gar nicht so einfach. Man muss mindestens sieben Übernachtungen in örtlichen Hotels gebucht haben. Wenn es in dieser Woche dann „an zwei Tagen, zwischen dem Frühstück und dem Abendessen (von 9 bis 20 Uhr) acht Stunden lang regnet, erhält der Gast eine Gutschrift von einem Urlaubstag (3 Tage = 1,5 Tage, usw.), die er bei einem erneuten Urlaub verrechnen lassen kann. Eine regenfreie Zeit, die kleiner ist als 30 Minuten, wird nicht als Regenpause gewertet“, heißt es in der Garantieerklärung. Praktisch, die Gäste so zu einem erneuten Urlaub in Hofbieber zu veranlassen, wenn der diesjährige ins Wasser fällt.

Im niedersächsischen Hasetal, auch dies vor allem Kennern ein Begriff, ist der Fremdenverkehr auf ähnliche Angebote verfallen, um Radwanderer anzulocken. „Bei Dauerregen wird der Gast samt Rad per Bus zu seinem nächsten Etappenziel transportiert. Dort erhält er freien Eintritt in Hallenbädern, Museen oder ähnlichen Einrichtungen, in denen auch bei schlechtem Wetter die Urlaubstage noch gut genutzt werden können“, heißt es auf der Webseite (www.hasetal.de)

Regentage in den Ferien sind eine besondere Herausforderung – wo doch ohnehin schon jeder Urlaub, insbesondere mit PartnerIn oder Kindern „eine Expedition ins Unbekannte“ ist, sagt Frank Meiners, Diplompsychologe bei der Deutschen Angestellten Krankenkasse. Schließlich schnellen nach den Ferien die Scheidungsraten in die Höhe, und es ist ja auch nicht ganz einfach, „zu lernen, wie man miteinander umgeht, wenn man eng aufeinander hockt“, so Meiners. Unbeständiges Wetter erfordere noch einmal „besondere Flexibilität“ der Urlauber.

Der Flexibilität sind allerdings örtliche Grenzen gesetzt. In den Kindheitserinnerungen vieler Deutscher sind Regentage daher untrennbar mit Kasperletheater auf Spiekerooge, endlosen Orgien des „Schiffeversenkens“ mit den Geschwistern und Strandspaziergängen im tropfnassen Südwester verbunden. Die Internet-Werbung des „Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer“ für die Heimatmuseen kommt uns irgendwie bekannt vor: „Ungeachtet der Wetterlage beeindrucken Ausstellungsstücke, die in der freien Natur ihr eigenes Leben führen: Merkwürdig geformte Muscheln im Spülsaum, krächzende Vögel in den Salzwiesen und die Kraft, mit der das Meer die Inseln umspült“.

Doch während früher „Spiele für Regentage“ automatisch bedeutete, sich in endloser Würfelei mit „Mensch ärgere dich nicht“ und „Fang den Hut“ zu beschäftigen, wirbt die einschlägige Spieleliteratur heute mit elektronischem Zeitvertreib – wie dem Gameboy oder dem Gameboy Advance, Computerspielen also, die in jeden Kinderrucksack passen. „Das Wichtigste ist, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Familienmitglieder zu berücksichtigen“, sagt Meiners, „vor allem gilt: Erwartungen nicht zu hoch schrauben.“

Doch manchmal helfen auch ganz praktische Erfindungen, um das Wetterrisiko zu bannen. So wirbt das Thermalbad im bayerischen Erding stolz: „Urlaub mit Schönwettergarantie! Das geht auch ohne langen Flug im einzigen Palmbiergarten Deutschlands.“ Garantiert wird das schöne Wetter von einer riesigen Kuppel über dem Bad, die bei Regen zu schließen, bei Sonne jedoch in wenigen Minuten wieder zu öffnen ist.