: Kein Abschuss von unbeteiligten Fluggästen
FDP-Politiker Gerhart Baum droht Verfassungsbeschwerde an, falls das neue Luftsicherheitsgesetz in Kraft tritt
KÖLN taz ■ Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) will notfalls per Verfassungsbeschwerde das neue Luftsicherheitsgesetz verhindern. „Ein vorbeugender Flugzeugabschuss, bei dem mit Sicherheit hunderte von unverdächtigen Passagieren getötet werden, verletzt fundamentale Prinzipien der Verfassung“, sagte Baum der taz. „Das hat bisher noch kein Rechtsstaat gewagt, und ich halte es für eindeutig verfassungswidrig, dass der Staat Nicht-Täter gezielt tötet“, so Baum.
Der Bundestag hatte am Freitag beschlossen, dass entführte Flugzeuge künftig im Extremfall abgeschossen werden können. Der Abschuss darf vom Verteidigungsminister als letztes Mittel unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit angeordnet werden. Damit reagierte die rot-grüne Bundestagsmehrheit auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA und den Irrflug eines Sportflugzeuges Anfang 2003 über Frankfurt am Main. Die Union stimmte gegen das Gesetz, weil sie es nicht für weitreichend genug hält – der FDP hingegen ist es zu weit gehend. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Zusammen mit Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und dem FDP-Verfassungsexperten Burkhard Hirsch will Baum nun zunächst ein Gutachten über die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung vorlegen und den Bundespräsidenten auffordern, das Gesetz nicht zu unterschreiben. Falls es dennoch in Kraft treten sollte, „führt das ohne Zweifel zu einer Verfassungsbeschwerde“, kündigte Baum an.
Das liberale Trio ist verfassungsgerichtserprobt: Bereits gegen den so genannten Großen Lauschangriff waren Baum, Leutheusser-Schnarrenberger und Hirsch erfolgreich nach Karlsruhe gezogen.
Für Baum steht das neue Luftsicherheitsgesetz in einer Reihe mit zahlreichen Maßnahmen zur vermeintlichen Terrorabwehr, die de facto jedoch vor allem einen Grundrechteabbau bedeuteten. „Meine Befürchtung ist, dass auf Dauer alles gemacht wird, was vorstellbar und technisch möglich ist“, beklagte der 71-Jährige im taz-Gespräch. „Die einzelne Maßnahme mag vielleicht gar nicht so problematisch sein, aber die Summe der Maßnahmen führt dazu, dass der Rechtsstaat auch an seiner Verteidigung stirbt“, warnt der Altliberale. PASCAL BEUCKER