: Welche Prämie ist angemessen?
Die juristische Aufarbeitung von „Vergütungsexzessen“ ist international üblich
FREIBURG taz ■ Eine Schlüsselfrage des Verfahrens: Sind 15,8 Millionen Euro „Anerkennungsprämie“ für einen letztlich erfolglosen Manager „angemessen“? Die Bezüge eines Vorstandes müssen nach dem Aktiengesetz „angemessen“ sein. Doch was ist angemessen?
Aus der Sicht des einfachen Arbeiters hält man vermutlich alles über einer Million Euro für ziemlich unanständig, weil einfach die Proportionen nicht mehr stimmen. Dagegen argumentieren die Leistungsempfänger gerne mit den „Werten“, die sie (!) geschaffen haben. „Ich habe als Bonus nur ein Hundertstel von einem Prozent des Kursgewinns der Aktionäre bekommen“, betonte Mannesmann-Chef Klaus Esser immer wieder.
Doch selbst wenn man das Argument mit den Werten akzeptiert, ist die Sache nicht so einfach. Denn der Aktienkurs von Mannesmann war zum Zeitpunkt der Übernahme offensichtlich aufgebläht. Dies war einerseits eine Folge der allgemeinen Aktieneuphorie, mit der Esser nur bedingt zu tun hatte, zum anderen Resultat der von ihm mitgestalteten Übernahmeschlacht. Von dieser Hausse haben zwar die Mannesmann-Aktionäre profitiert, die damals an Vodafone verkauften. Bleibende Werte wurden allerdings nicht geschaffen. Dies wurde jüngst besonders deutlich, weil Vodafone nun bei der Steuer Verluste in Höhe von 50 Milliarden Euro geltend machen will, die aus dem später wieder stark gesunkenen Börsenwert des Unternehmens resultieren.
Auch ein Bonus für besonders gute Arbeit liegt eigentlich nicht nahe. Essers Ziel war, die Übernahme zu verhindern. Das ist ihm nicht gelungen, obwohl er rund 400 Millionen Euro für Zeitungsinserate und juristische Berater ausgeben konnte. Außerdem war Esser mit 3 Millionen Euro Jahresgehalt auch nicht besonders schlecht bezahlt. Für den Fall der frühzeitigen Vertragslösung war vertraglich eine Abfindung von rund 15 Millionen Euro vorgesehen. Zu all diesen von der Staatsanwaltschaft nicht gerügten Summen kamen die 15,8 Millionen Euro „Anerkennungsprämie“ noch hinzu.
Früher gab es dergleichen nicht. Peter Mihatsch, der als Vorstandsmitglied die Telekommunikationssparte im alten Röhrenkonzern Mannesmann aufgebaut hatte, wurde vor Gericht gefragt, welche Anerkennung er hierfür erhalten hatte. „Zwei Standing Ovations auf meiner letzten Hauptversammlung“, war seine Antwort.
Die Verteidiger von Esser verweisen gerne auf „internationale Gepflogenheiten“. Gemeint sind damit vor allem die USA. Doch auch dort werden die Zeiten für Manager inzwischen härter. „Selbst in den Vereinigten Staaten werden Vergütungsexzesse inzwischen gebrandmarkt“, berichtet der Aktienrechtler Walter Bayer, der in Jena lehrt, „Zivil- wie Strafverfahren gegen Topmanager sind dort an der Tagesordnung.“ CHRISTIAN RATH