Zwischen gewaltig und größenwahnsinnig

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat nicht nur jede Menge großer Baustellen, sondern auch große finanzielle Sorgen. Nur Nofretete lässt hoffen

Der Präsidentenjob der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) zählt sicherlich zu den begehrtesten, die es im bundesdeutschen Kulturbetrieb gibt. Er ist eine Mischung aus Kulturminister und ständiger Performance für das Gute, Wahre und Schöne. In der Haut des neuen Präsidenten möchte man im Augenblick aber lieber nicht stecken. Sieht doch die Zukunft der Stiftung gerade nicht nur gut und schön aus, sondern düster.

Hermann Parzinger, der das Amt vor einem halben Jahr von Klaus-Dieter Lehmann übernommen hat, erweckte auf der Jahrespressekonferenz der SPK am Mittwoch nicht nur den Eindruck, dass auch die Preußenstiftung in der aktuellen Krise „sich in schwierigen Zeiten“ befinde. Es schien zudem, als habe er erst jetzt richtig begriffen, was er sich vor einem halben Jahr aufgehalst hat.

Sonnte sich sein Vorgänger Lehmann noch im Glanze von Museumseröffnungen und Mäzenen wie den Berggruens oder Christian „Mick“ Flick, als Generalplaner für die Großsanierung der Museumsinsel sowie Ideengeber für das Humboldtforum als Haus für die Außereuropäischen Sammlungen, so hat Parzinger diese Baustellen nun alle „auszulöffeln“. Und es kommen noch eine Reihe anderer hinzu, wie das Stadtschloss ab 2010, die neue James-Simon-Galerie von David Chipperfield (2011) oder ein Erweiterungsflügel für das Pergamonmuseum (ab 2015) – um nur die wichtigsten zu nennen. 15 Jahre insgesamt, rechnete der Präsident vor, dürften die Arbeiten dauern. Dann dürfte das Gröbste geschafft sein.

Das alles wäre nicht so dramatisch, steckte die Stiftung mit ihren 17 Großmuseen, zwei Staatsbibliotheken, Depots und Forschungseinrichtungen nicht in einer tiefen „finanziellen Krise“. Trotz hoher Besucherzahlen mit 4,6 Millionen Kunstfans im letzten Jahr rutsche die Stiftung – trotz eines Gesamthaushalts von 251 Millionen Euro – wegen rapide steigender Personal- und Betriebskosten von über 160 Millionen immer tiefer in die roten Zahlen, klagte der Präsident.

Versuche, da wieder herauszukommen, will die Stiftung „mit immenser Anstrengung“ selbst unternehmen. Der Museums-, Forschungs- und Wissenschaftsbetrieb wird umstrukturiert und besser vernetzt. Zudem soll mit neuen Development- und Marketingkonzepten, neuer Rechteverwertung und Fundraising „gegengesteuert“ werden.

Dass Hermann Parzinger aber nicht gewillt ist für die Erblasten Lehmanns ganz allein geradezustehen, wird zukünftig wohl für Unstimmigkeiten zwischen der Stiftung und dem Kulturstaatsminister sorgen. Denn die Aufforderung an Bernd Neumann, zu helfen, kam einer Drohung gleich. Parzinger: „Auch der Politik muss bewusst sein, dass dies so nicht mehr weitergeht.“

Dass die Last die Stiftung und ihren Präsidenten umso mehr drückt, hat schließlich damit zu tun, dass der Neue neben den strukturellen noch inhaltliche Projekte verfolgt, die zwischen gewaltig und größenwahnsinnig oszillieren. So werden 2009 nicht nur über 50 Ausstellungen in Berlin eröffnet, sondern auch Schauen zum „Weltideenerbe“ in Peking oder Moskau initiiert sowie eine Reihe schwieriger Themen wie die russische Beutekunst und Forschungsfelder in Asien beackert.

Dennoch: Es gibt auch Gutes, ja sehr Schönes 2009 für die SPK. Im Herbst wird das Neue Museum eröffnet, in den einst zerstörten Stülerbau zieht das Ägyptische Museum ein. Die wunderbare Büste der Königin Nofretete wird dort wieder zu sehen sein. Die königliche Gestalt werde „im neuen Licht präsentiert“, sagte der Generaldirektor der Staatlichen Museen, Michael Eissenhauer. Das könnte doch Anlass zur Hoffnung geben, Herr Parzinger. ROLF LAUTENSCHLÄGER