Auf nach Beirut, Barack!

Kairo? Amman? Präsident Obama rätselt noch, in welcher Stadt er zu den Muslimen sprechen soll. Ein offener Brief

Dear Mr President,

Sie haben angekündigt, binnen Ihren ersten 100 Regierungstagen in einer „muslimischen Hauptstadt“ eine Rede an die muslimische Welt zu halten. Offenbar zerbrechen sich Ihre Mitarbeiterinnen und Berater noch die Köpfe darüber, welcher Ort der Welt dafür geeignet wäre. Ich hätte da eine Idee: Halten Sie Ihre Rede in Beirut! Dort können Sie auch gleich den „lebanese way of life“ kennenlernen, diese Mischung aus Religiosität und geballter Lebenslust, was Sie ja schon von zu Hause kennen. Und obwohl der Libanon 18 Religionsgemeinschaften hat, ist er ein mehrheitlich muslimisches Land – das ist ja das einzige Kriterium, das Sie bisher benannt haben. Es sollte allerdings nicht das einzige bleiben.

Trotz Kriegen, Gewalt und Krisen finden im Libanon nämlich ganz normale Wahlen auf allen Ebenen statt, auch wenn Ihnen die schiitische Hisbollah sicher nicht gefällt. Im Libanon gibt es kein Königshaus wie im saudischen Riad, das den Frauen den Gang an die Urnen verbietet und die strenge wahhabitische Variante des Islam in alle Welt exportiert. Dort gibt es auch keine Potentaten wie den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak, die jahrzehntelang an der Macht kleben und dazu neigen, einen Sohn zum Nachfolger zu küren, wie es auch im „laizistischen“ Syrien geschehen ist. Und eine Rede in Kairo oder Amman, also den beiden Staaten, die mit Israel ihren Frieden gemacht haben, sendet doch eher das Signal „more of the same“ als „change“ aus.

Ein Auftritt in Beirut könnte auch ein wichtiges Zeichen für die Region setzen. In Ihrem Interview mit al-Arabiya haben Sie gesagt, die USA seien bereit, Staaten wie Iran die Hand zu reichen, wenn diese ihre Faust – auch gegenüber der eigenen Bevölkerung – öffnen. Erweitern Sie Ihr Angebot doch auch auf Organisationen wie Hisbollah oder auf die palästinensische Hamas. Das wäre nun wirklich mal ein „change“.

Mr President, wenn Sie das schaffen, verspreche ich Ihnen, dass das Plakat mit Ihrem Foto das ganze Jahr über an der Wand der Auslandsredaktion der taz hängen bleibt.

Seit dem ersten täglichen Erscheinen der taz am 17. 4. 79 ist es noch nie vorgekommen, dass zum Termin der Amtseinführung in Washington ein Poster des neuen Präsidenten unser Büro schmückte. Das sollte Ihnen ein Ansporn sein! BEATE SEEL