: berliner szenen Am Winterfeldtplatz
Von 6 bis 7 Uhr
Hier sollten auch mal Fakten her. Also: Der Winterfeldtplatz wurde 1890 entworfen – schnurgerade, auf dem Reißbrett, als Marktplatz, damals noch vor den Toren der Stadt. Die Häuser an der Gleditschstraße gehörten zu Berlin, die an der Goltzstraße zum (erst 1920 eingemeindeten) Schöneberg. Natürlich ist das Häusermeer längst auf allen Seiten um den Platz herumgewachsen, aber etwas Randständiges ist bis heute in ihm verblieben.
Dieser Platz bildet kein Zentrum und liegt auch gar nicht im Zentrum, eher liegt er in allem knapp daneben. Flanieren jedenfalls tut man hier, wenn überhaupt, auf der Maaßenstraße oder in der Goltzstraße. Die Restaurants liegen auch eher an den umliegenden Straßen als am Platz selbst. Reiseführer mögen ihn noch so sehr als Zentrum dieses „Kiezes“ beschreiben, wahr ist das dennoch nicht – wenn man von den Marktzeiten absieht (aber die sind, zumindest am Samstag, sowieso eher Ausnahmezustand).
Oder es ist doch wahr. Aber eher im symbolischen Sinn. Der Winterfeldtplatz: ein Stück Randständigkeit im Zentrum – damit lässt sich doch das Schöneberger Bewusstsein ganz gut beschreiben! Berlin (sowohl das Icke-Berlin als auch das Hauptstadt-Berlin) kann hier manchmal ziemlich weit weg sein. Und doch ist man mitten drin.
Was man übrigens zwischen 6 und 7 Uhr im Sommer sehr schön tun kann: zusehen, wie die Sonne über den Platz wandert. Um 6.05 Uhr muss man sich auf der westlichen Seite noch ganz auf die Zehenspitzen stellen, um sich von ihr wärmen zu lassen. Um 7 hat sie sich dann ganz gelassen bis zur Hälfte des Platzes vorgearbeitet. DIRK KNIPPHALS
(7 bis 8 Uhr: wegen Urlaub erst am 23. Juli)