die anderen über die eu-verfassung und us-geheimakten zur folter
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Die Londoner Financial Times meint zur EU-Versasung: Die Verhandlungen über eine EU-Verfassung haben in Wahrheit das Tor für ein Europa der zwei Geschwindigkeiten geöffnet. Es wird eine erste Klasse für all diejenigen geben, der auf jeden Fall Frankreich angehören wird – wie auch die meisten anderen Gründerstaaten der EU. Die zweite Klasse wird denen vorbehalten sein, die sich aussuchen wollen, welchen Clubs sie beitreten. Großbritannien ist durch seine eigene Entscheidung in dieser äußeren Gruppe. Dasselbe gilt auch für Dänemark und Schweden. Die neuen EU-Mitglieder laufen Gefahr, in der zweiten Klasse stecken zu bleiben – ob sie es wollen oder nicht.

Le Monde aus Paris schreibt zum gleichen Thema: Im Gegensatz zu den deutschen Sozialdemokraten sowie zu den britischen und spanischen Sozialisten zögert die französische Parti Socialiste noch, die EU-Verfassung zu billigen. Das bedeutet weder Zustimmung noch Ablehnung. Die Führung der Partei hat einerseits ‚wirkliche Fortschritte im Bereich der Institutionen‘ festgestellt, andererseits aber auch ‚echte Mängel‘ Parteichef François Hollande, der aus der Schule von Jacques Delors und François Mitterrand stammt, hat aber sehr wohl vor, die europäische Ausrichtung der Sozialisten bei der Basis durchzusetzen. Der Zeitrahmen dafür wird von der Entscheidung des Präsidenten Chirac abhängen, ob über die Verfassung in Frankreich per Referendum abgestimmt wird. Der ganze Vorgang unterstreicht, wie gespalten die Sozialisten sind.

Die Wiener Zeitung Der Standard kommentiert die US-Geheimdokumente zur Behandlung Gefangener: Die Gründe, die Bush dazu bewegen, gerade jetzt seine Geheimschatullen zu öffnen, nachdem er sich lange dagegen gesträubt hatte, sind leicht zu erraten. Offenbar soll das Image des „mitfühlenden Konservativen“ reaktiviert werden, mit dem der Präsident im Jahr 2000 seinen Wahlkampf bestritt. Jüngste Umfragen, wonach Bush bei seiner Kernkompetenz, der Terrorbekämpfung, massive Einbußen an Glaubwürdigkeit verbuchen muss, haben diese publizistische Offensive sicher ebenfalls beflügelt. Freilich kann auch die beste Imagepolitur nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kampf gegen den Terror mühseliger verläuft, als dies die Wahlkämpfer gerne sähen. Am Dienstag musste Außenminister Colin Powell die Opferzahlen, die der internationale Terrorismus im Jahr 2003 gefordert hat, deutlich nach oben revidieren. Eine unschöne Erinnerung daran, dass das Design dieses Antiterrorkampfes offenbar in jeder Hinsicht noch verbesserungsbedürftig ist.