: Der Film dauert 78 Minuten
„The Other Final“ dokumentiert den Kampf um den Titel der zweitschlechtesten Nationalmannschaft der Welt
So allgegenwärtig sind die Verstrickungen zwischen Sport und Politik, dass sie schon im Himalaja angekommen sind. Der Premierminister von Bhutan ist in Personalunion auch Präsident des Fußballverbands. Milde lächelnd hält er einen Ball in der Hand und spricht von der nationalen, ja weltweiten Bedeutung des anstehenden Spiels. In dem kleinen Königreich mag Bogenschießen Nationalsportart sein, aber für „The Other Final“ gibt selbst ein zutiefst buddhistisches Volk seine Zurückhaltung auf.
Schließlich geht es um nichts weniger als den Titel der zweitschlechtesten Fußballnationalmannschaft der Welt. Wenige Stunden bevor am 30. Juni 2002 Brasilien und Deutschland zum Weltmeisterschaftsfinale antraten, war die Equipe Bhutans (Platz 202 der Fifa-Weltrangliste) auf die Montserrats (Platz 203) getroffen, einer kaum 4.000 Einwohner zählenden Insel in der Karibik. Johan Kramers Dokumentation „The Other Final“ erzählt, wie es in Thimphu, der Hauptstadt Bhutans, zu der historischen Begegnung vor immerhin 25.000 Zuschauern kam; sie erzählt vom Aufeinandertreffen der so verschiedenen Kulturen und der Integrationsfähigkeit des Sports, und sie tut dies mit einem leicht ironischen Unterton, ohne dabei jemals die Protagonisten bloßzustellen.
In diesem Sportereignis und mithin auch im Dokumentarfilm spiegelt sich, was Fußball so universell macht: dass Fußball nämlich nicht nur Tummelplatz von Global Players und kickenden Millionären ist, nicht nur Ort für großes Welttheater und nationale Identitätsfindungsprozesse, sondern grundsätzlich erst einmal ein simples Spiel, das Menschen spielen, weil es ihnen Spaß macht.
Zwar versprechen sich auch die Sportfunktionäre von Bhutan und Montserrat von dem Aufeinandertreffen der Mannschaften neue Bedeutung für ihre Länder und wirtschaftlichen Aufschwung. Zwar erzählen auch die Spieler von ihrer nationalen Verantwortung und nehmen dabei unbewusst Habachtstellung ein. Aber wenn dann der Ball beim Training im Urwald hinter dem Tor verschwindet und ein Nationalspieler das Buschwerk auf der Suche nach dem Spielgerät durchkämmt, wird jeder aufkeimende Größenwahn zurechtgestutzt auf Kreisliganiveau. Und dann wird Fußball wieder, was er nun mal ist: ein Spiel.
THOMAS WINKLER
„The Other Final“, Dokumentarfilm. Regie: Johan Kramer, Niederlande/Italien/Japan 2003, 78 Minuten
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