: Ein passender Buchtitel
Das neue Buch des kruden Verschwörungstheoretikers Jan Udo Holey alias Jan van Helsing: Esoterik, Antisemitismus und die Erkenntnis: Die Außerirdischen unterwandern und steuern uns
VON JASNA ZAJCEK
Jan Udo Holey aka Jan van Helsing, Verschwörungstheoretiker und Autor der indizierten Bücher „Geheimgesellschaften 1 und 2“, hat ein neues Buch im Eigenverlag herausgebracht. „Hände weg von diesem Buch!“ nennt Holey sein neues, als „Sachbuch“ geführtes Machwerk, zügiger Seller in Esoterikläden und beim Internet-Buchhändler Amazon.
Über-Arier im Erdkern
Unter Esoterikern, aber auch in der rechten, revisionistischen und in der islamistischen Szene avancierte der gelernte Raumausstatter mit dem Pseudonym des großen Vampirjägers dank antisemitischer Hetze und Indizierung zum Kultautor. In zahlreichen Internetforen wird er als der Einzige, der sich „traut die Wahrheit zu sagen und gegen die Illuminati zu kämpfen“, gefeiert. Nachdem er mit antisemitischen, wirren Weltverschwörungstheorien Mitte der Neunzigerjahre über 100.000 Käufer fand, wurden seine ersten beiden Bücher im deutschsprachigen Raum verboten.
Holey „bewies“ darin anhand der „Protokolle der Weisen von Zion“ und einem Potpourri wissenschaftlich widerlegter Gerüchte den angeblich 300.000 Jahre alten jüdischen Pakt, die Weltherrschaft zu erlangen. Auch von Außerirdischen und Über-Ariern in der Hohlwelt im Erdinnern wusste er dank seiner Eingaben wie über enge Freunde zu berichten.
Selbstreferenziell listet er nun in „Hände weg von diesem Buch!“ erneut vermeintliche Fakten auf, die bereits in den indizierten, im Internet frei downloadbaren Werken nachzulesen sind. Eher um marktwirtschaftliche Mechanismen zu bedienen als aufgrund später Einsicht, warnt der 37-Jährige, eigenen Angaben zufolge „aus einer medialen Familie“ stammend, seine Leser vor der Lektüre des Buchs: „Es wird danach für Sie nicht leicht, so weiterzuleben wie zuvor.“
Beschrieben wird die Bedrohung der illuminatischen „Neuen Weltordnung“ und wie man sich mit seiner Methode dagegen wehren kann. Menschen, die Stimmen hören und Visionen haben, sieht er so nicht als therapiebedürftig, sondern „medial begabt“. Diese Menschen, die für andere Wesen oder Seelen sprächen, würden die Welt im Kampf gegen die „Neue Weltordnung“ retten.
Die Aliens sind da
Angeblich fand Holey weltweit Hinweise für eine Besiedlung durch Außerirdische, die einfache Arbeiter („Adam“) auf Erden kreierten. Anhand besonders schlecht fotografierter Schwarzweißbilder zweifelhafter Herkunft behauptet er, eindeutig das „Missing Link“ in der Evolutionstheorie gefunden zu haben – Ufos, auf „Jahrtausende alten Höhlenbildern eindeutig“ zu erkennen. Doch auch heute lebten „schon viele Aliens unter uns“.
Für junge Menschen, die durch Harry Potter und den anhaltenden Trend der Jugendzeitschriften zu okkulten Themen („Pendele deine Liebeschancen aus“) für mystische Themen sensibilisiert sind, können Holeys pseudowissenschaftliche Ausführungen psychisch ernsthaft gefährdend wirken. So warnt Doktor Matthias Pöhlmann, Wissenschaftlicher Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin, vor der Verbreitung dieser Schriften, da damit „braunes Gedankengut durch die Hintertür der Esoterik“ in die Gesellschaft einsickere. Pöhlmann hält die Dynamik der sich selbst befruchtenden Esoterikliteraturszene für problematisch, da hier oft Zitate aus beliebigen, zweifelhaften Quellen angeführt würden. So zitiert Holey in seinem neuen Buch beispielsweise aus seinen „Geheimgesellschaften“, schwärzt aber die Passagen, die sich, wie der seines Werkes kundige Leser weiß, auf Juden beziehen. Diese Strategie hatte Holey bereits in seinem Buch „Die Akte Jan van Helsing“ angewandt, in dem er über den Prozess um das Verbot seiner Bücher 1996 schreibt.
Die Arbeitsgruppe Scientology der Hamburger Innenbehörde hat unter Leitung von Ursula Caberta jüngst eine Broschüre herausgegeben, in der die Forderung erhoben wird, dass das esoterische Spektrum „weit mehr Aufmerksamkeit in der Beobachtung und Analyse verfassungsfeindlicher Positionen verdient“.
Sekte und Psychiatrie
Caberta warnt vor rassistischen Gedanken und Fehlinformationen durch verschwörungstheoretische Literatur und vor der Verwirrung Jugendlicher durch Okkultismus. Diese Themen würden auch von Publikumsverlagen aufgelegt und als „Lebenshilfe“ getarnt erfolgreich vermarktet. Die Spekulationen selbst erklärter Experten im Internet verwirrten anfällige junge Menschen weiter und trieben sie schlimmstenfalls in die Fänge von Holeys „Lehre“ nahe stehenden (rechten) Sektierern, in die Psychiatrie – oder gar in beides.