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Archiv-Artikel

Die Lust auf dem Wochenmarkt

Reife Mango, Pfeffer oder Mandelöl: Aphrodisiaka sind keine Hexerei und keine Geheimkunst, überraschend viele stehen in heimischen Küchenschränken. Aber: Wo keine Lust ist, können die sinnlichen Mittel meist auch nichts ausrichten

Mit den Fingern zu essen ist lustvoll, sich gegenseitig zu füttern noch viel mehr

taz ■ „Aphrodite wusste genau, dass es bei der Liebe darauf ankommt zu locken“, sagt die Bremerin Christa Schulte. Sie empfiehlt zu diesem Zweck bei den aktuellen Temperaturen einen leichten Sommersalat. „Ich nehme Spargel, Zwiebeln und Tomaten“, sagt die Tantra-Lehrerin. „Wer mag, gibt noch Rettich und Gurke dazu“, ergänzt sie.

Die 50-Jährige hat sich über die Jahre eine Menge Wissen über aphrodisische Lebensmittel, Düfte und Gewürze zugelegt. Für das Salat-Dressing bevorzugt sie Mandelöl. „Das hat genau so etwas Süß-Bitteres wie die Lust selbst.“ Ausschließlich bitterer Geschmack sei zu nah an der Traurigkeit, pure Süße sei zu lieblich. Schulte ergänzt ihren Salat gerne um Melone und Pfirsiche. „Das macht‘s aparter.“ Ein Lächeln spielt um ihre Lippen.

Ob roher Fisch oder Aprikosensaft mit etwas Pfeffer, einem Hauch Zimt, Vanille, Muskat und Kardamom – allein die Zutaten machen noch keinen Lustgarten aus der heimischen Schlafstatt: „Die Mittel haben natürlich ihre Wirkung, aber die Art der Verabreichung ist mindestens genauso wichtig“, gibt sie zu bedenken. „Mit den Fingern zu essen macht Spaß. Sich gegenseitig zärtlich mit kleinen Bissen zu füttern finde ich aber noch viel wichtiger.“ Das fördere die Bereitschaft, sich hinzugeben. „Außerdem“, sagt Schulte grinsend, „macht es auch Spaß ein bisschen rumzuschmieren. Sex ist ja auch nicht so ordentlich.“ Sie plädiert dafür, „aus dem Essen ein Spiel zu machen“. Wichtig: Die Speisen sollten nicht schwer sein.

Wer glaubt, „Mehr wirkt mehr!“ ist auf dem Holzweg. „Manchmal reicht eine homöopathische Dosis“, sagt die Tantra-Lehrerin. Öle wirkten über die Haut sofort. Genieße man luststeigernde Speisen, müssten die erst den Weg durchs Mageninnere nehmen. In jedem Fall lasse sich auch die Nase gern entzücken. Etwa mit einer reifen Mango und verbundenen Augen: „Erst einmal dran riechen lassen, die Haut berühren, dann erst einen Blick auf das gewähren, was da passiert und schließlich schmecken“, schlägt Schulte vor.

Für Aphrodisiaka-AnfängerInnen hat sie einen simplen Tipp parat: Auf den eigenen Geschmack zu vertrauen. Und das geht so: „Wenn man sich eine Zusammenstellung von Lebensmitteln und Gewürzen ansieht, ist das das richtige Mittel, bei dem einem das Wasser im Munde zusammen läuft.“ Ganz einfach. Ratschläge von der Sorte „roher Fisch wirkt besonders gut“ würden niemandem helfen, der keinen rohen Fisch mag.

Ihr Wissen hat Schulte aus Unmengen von Büchern, von Reisen und aus dem Selbstversuch. „Als ich in Ägypten war, musste ich feststellen, dass sich die meisten Aphrodisiaka nur auf die männliche Potenzsteigerung richten.“ Also hat die Tantra-Lehrerin die Wirkung von Düften im Selbstversuch erprobt, etwa mit weißem Moschus und Amber. Zu einem eindeutigen Ergebnis ist sie dabei nur für sich persönlich gekommen, ansonsten sei gerade Moschus ein schwieriger Duft.

Apropos schwierig: Schulte ist wichtig, dass „Aphrodisiaka zu nutzen keine Geheimkunst“ darstellt: „Man kann die Lust auf dem Wochenmarkt entdecken“, sagt sie. Denn aphrodisisch wirkende Speisen müssten nicht aus Fernost stammen. Äpfel, Fenchel, Erdbeeren oder Pflaumen seien nur ein paar der heimischen Früchte, die man sich zu nutze machen könne. Andererseit seien alle Mittel und Mühen vergebens, wenn nicht schon ein Zipfelchen Lust, oder wenigstens die Bereitschaft da sei. „Aphrodisiaka sind keine Wundermittel, die Lust erzeugen können“, stellt die Tantra-Lehrerin klar.

Ulrike Bendrat