: Mainzelmännchen machen Muskeln
Das ZDF will sich verjüngen. Da müssen auch die Mainzelmännchen „fitter und frecher“ werden – und intelligenter
Die Wandlung, die er durchgemacht hat, ist nicht ungewöhnlich. In jungen Jahren eher still und zurückhaltend, hat Fritzchen zusammen mit der Zipfelmütze diese Eigenschaften abgelegt. 1990 war das, da stand er kurz vor dem 30. Geburtstag, und Fitness boomte. Also zeigte Fritzchen sein volles schwarzes Haar und fing an Sport zu treiben: Boxen, Bungeejumping, Billard. Angeblich ist er auch ein guter Freund von Boris Becker. Unter den sechs Mainzelmännchen gilt als der „Aufsteiger“.
Und wie das bei Aufsteigern so ist, die anderen müssen folgen. So kann man das jedenfalls sehen, wenn das ZDF ankündigt, die Mainzelmännchen sollen „fitter und frecher“ werden – und das gilt ja bekanntlich für den ganzen Sender. Auch der soll jünger werden, das Durchschnittsalter der Zuschauer soll runter. Derzeit liegt es bei 59. Das ist jedenfalls die Devise von ZDF-Intendant Markus Schächter.
Seit dem 2. April 1963, einen Tag nach dem Gründungstag des Senders, sind Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen dafür zuständig gewesen, die Werbespots voneinander zu trennen. Jeder hat einen eigenen Charakter, damit sich auch alle darin wiederfinden: Det ist schlau, Edi ein Schelm oder Berti fleißig. Erfunden hat sie der gelernte Theatermaler Wolf Gerlach, der mittlerweile 75 ist und im Ruhestand. Produziert werden sie von der Neuen Filmproduktion – Animation Film GmbH (NFP) in Wiesbaden. Inzwischen wurden über 40.000 Filmchen hergestellt.
Weil die Werbezeit für das ZDF aber irgendwann zu kostbar wurde, tauchen die Mainzel mittlerweile nur noch am Anfang und am Ende eines jeden Werbeblocks auf. Und es wurden immer wieder so genannte Kapriolen entwickelt, die meist samstags im Programm laufen: Weltreise-Kapriolen, Sport-Kapriolen oder Utopia-Kapriolen. Man kann nicht sagen, dass die Episoden immer leicht verständlich wären, meist sind sie eher sinnfrei. Aber auch das soll sich ändern. Die Geschichten sollen intelligenter werden.
Die Mainzelmännchen nur als Werbeteiler zu sehen oder als Überbleibsel im Programm, dessen Aufgabe nicht mehr ganz klar ist, wird ihrer Rolle sicher nicht gerecht. Sie sind Markenzeichen und Marketing-Instrument des ZDF. Deshalb spart das ZDF auch nicht mit Superlativen, um sie zu beschreiben: „Kult-Stars“ und „Meilenstein der Fernsehgeschichte“ werden sie genannt. Dabei müssen sie auch immer den Zeitgeist widerspiegeln – oder das, was das ZDF sich darunter vorstellt.
Waren ihre Proportionen am Anfang noch vergleichsweise naturgetreu, wurden sie Anfang der 80er-Jahre schon rundlicher, und 1990 wurde das Kindchenschema noch mal verstärkt. Die Köpfe sind mittlerweile so groß wie der Rest des Körpers. Und jetzt sollen sie also wieder abspecken. Das ist ja etwas, was man dem ZDF auch immer wieder gern empfehlen möchte.
Gerlach hatte ursprünglich auch sechs Mainzelmädchen gezeichnet, die allerdings nie auf Sendung gingen. Das wird auch nach der Verjüngungskur vorerst nicht passieren. Außer in einer Zeichentrickserie, die im Herbst im ZDF-Kinderprogramm tivi startet. Dort kommen die Zwillingsschwestern Lea und Zarah dazu und der Hund Guuudnberg. Alle Mainzel werden dann mehr sagen können als „Gu’n Aaamd!“ und „Ändä!“ Intelligenter eben. HEIKO DILK