: „Kein Monopoly mehr mit Steuergeld“
Die HSH Nordbank soll aufgelöst und privatisiert werden: Monika Heinold, Finanzexpertin der Grünen in Schleswig-Holstein, fordert im taz-Interview eine neue öffentliche Geld- und Kreditpolitik ohne Landesbanken unter dem Dach der Sparkassen
MONIKA HEINOLD, 50, Sozialpädagogin, ist Parlamentarische Geschäftsführerin und Finanzexpertin der Grünen im Kieler Landtag. FOTO: GRÜNE
INTERVIEW SVEN-MICHAEL VEIT
taz: Frau Heinold, noch im Februar ist mit dem Jahresabschluss 2008 der HSH Nordbank und mit dem Gutachten der KPMG-Wirtschaftsprüfer zu rechnen, die das angeschlagene Institut auf Herz und Nieren prüfen. Ist auch mit dem Schlimmsten zu rechnen?
Monika Heinold: Das Schlimmste ist doch schon eingetroffen: In den Bilanzen der Bank schlummern „Wertpapiere“ in Milliardenhöhe, die zurzeit null Euro wert sind. Das ist der worst case für die Steuerzahler, denn die Länder als Anteilseigner müssen für die hohen Verluste geradestehen. Spekulationen, wie hoch die von der KPMG festgestellten Verluste sein werden, wären jetzt Kaffeesatzleserei.
Stellt sich die Frage, ob Schleswig-Holstein und Hamburg überhaupt noch eine Landesbank wie die HSH brauchen?
Diese Frage stellt sich, ja. Ich plädiere dafür, dass beide Länder ihre Anteile an der HSH-Nordbank mittelfristig verkaufen. Damit würde es keine Landesbank mehr geben. Aber natürlich muss die Versorgung der regionalen Wirtschaft mit Krediten zu vernünftigen Konditionen auch weiterhin gewährleistet sein.
Es gibt Vorschläge, Landesbanken zu fusionieren – zum Beispiel die HSH Nordbank mit der Nord LB in Niedersachsen.
Das ist weder Fisch noch Fleisch. Sollen Regierungsmitglieder aus Kiel und Hamburg zukünftig nach Hannover zur Aufsichtsratssitzung fahren? Und wie sollen sie eine noch größere Bank kontrollieren, wo sie doch mit unserer „kleinen“ Nordbank schon überfordert sind? Nein, ein solches Institut ist nicht zukunftsfähig und von Landespolitikern nicht kontrollierbar.
Was bleibt als Alternative? Etwa die Privatisierung?
Mittelfristig ja! Länder und Sparkassen haben sich nur bis 2013 verpflichtet, über 50 Prozent der Anteile an der HSH Nordbank zu halten. Dann werden die Karten neu gemischt. Mein Konzept läuft darauf hinaus, dass sich Land und Sparkassen dann von der HSH Nordbank trennen.
Nicht nur in Deutschland werden Banken verstaatlicht – und Sie wollen privatisieren?
Dass Banken in der jetzigen Situation – zeitlich begrenzt – teilverstaatlicht werden, ist goldrichtig. Wenn Steuermittel zur Rettung von Banken eingesetzt werden, muss es im Gegenzug auch eine Einflussnahme des Staates auf deren Geschäftspolitik geben. Der Einfluss der Politik bei den Landesbanken war hingegen auf Dauer angelegt, um die Unterstützung der regionalen Wirtschaft mit Krediten sicher zu stellen. Inzwischen sind aus den Landesbanken aber, mit Duldung der Politik, international agierende Banken geworden, die weltweit hochriskante Geschäfte machen. Dafür kann der Steuerzahler auf Dauer keine Verantwortung übernehmen.
Und wo bekommt der viel beschworene Mittelstand dann seine günstigen Kredite?
Die regionalen Sparkassen können das nicht alleine wuppen, deshalb brauchen wir ergänzend ein Bundeszentralinstitut für alle Sparkassen in Deutschland. Dieses wäre mit bundesweit sieben Filialen vor Ort der Ansprechpartner und Kreditgeber für das bisher von der HSH Nordbank getätigte regionale Geschäft. Um die Interessen der Regionen zu wahren, würden die Landesregierungen dann in den Gremien als Berater vertreten sein, aber nicht mehr als Entscheider wie jetzt.
Wo ist der Vorteil gegenüber der Fusion existierender Landesbanken zu zwei bis drei großen Landesbanken?
Erstens in der Kontrolle: Ohne zahlreiche Fachleute im Hintergrund können Landesregierungen solche öffentlichen Großbanken nicht angemessen steuern. Zweitens in der Wettbewerbsfähigkeit: Ein Bundeszentralinstitut der Sparkassen wäre ein großes und konkurrenzfähiges Institut mit einem öffentlich-rechtlichen Auftrag – es wäre der Gemeinwohlorientierung verpflichtet. Zudem wären die Filialen nicht an Ländergrenzen ausgerichtet, sondern an regionalen Wirtschaftsstrukturen.
Die größte deutsche Sparkasse, die Hamburger Sparkasse (Haspa), wird kaum bereit sein, ihre Eigenständigkeit für eine Bundeszentrale aufzugeben. Da würde Konkurrenzkampf drohen.
Die Haspa muss ihre Eigenständigkeit nicht aufgeben. Sie muss entscheiden, ob sie im Sparkassenverbund zu den Zielen der Gemeinwohlorientierung steht und sich an einem Bundeszentralinstitut beteiligen will.
Und wenn sie das nicht will?
Dann muss die Haspa alleine weiter vor sich hinwurschteln.
Bei Ihrem Modell gäbe es aber keine Überschüsse für die Landeshaushalte mehr.
Darauf müssen wir angesichts der schwierigen Lage der HSH Nordbank schon jetzt verzichten. Zurzeit müssen wir eher befürchten, als Land drauf zu zahlen. Wir haben an der Landesbank bislang auch nicht nur wegen der Dividenden festgehalten, sondern um die Kreditvergabe an die regionale Wirtschaft zu sichern. Dies würde nun das Bundeszentralinstitut mit seinen Filialen übernehmen.
Und die Arbeitsplätze bei der HSH Nordbank?
So bitter es ist: Es wird ohnehin einschneidende Veränderungen bei der HSH Nordbank geben. Wenn wir jetzt nur zuschauen, wie die Bundesländer, von Süddeutschland dominiert, die Pfründe aufteilen und zwei bis drei große Landesbanken gründen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass fast alle Arbeitsplätze aus Hamburg und Schleswig-Holstein verschwinden. Mit meinem Modell der sieben Filialen hätten wir hingegen die Chance, einen Großteil der Arbeitsplätze in unserer Region zu erhalten.
Lehrt die Finanzkrise also, alles wieder ein paar Nummern kleiner zu fahren?
Die Frage ist, wer zukünftig die größeren Kreditgeschäfte als Partner für die Wirtschaft vor Ort absichern kann. Die Lindenau-Werft in Kiel wurde Ende vorigen Jahres durch einen Kredit der HSH Nordbank liquide gehalten, dadurch wurden die Arbeitsplätze gesichert. Das könnten auch die Filialen der Bundessparkassenzentrale übernehmen. Was aber nicht mehr sein darf, ist, dass eine Landesbank mit windigen Kreditgeschäften weltweit Monopoly spielt, und am Ende die Steuerzahler die Zeche zahlen müssen.