: Sündigen wird teurer
Wer beim Rasen oder Drängeln erwischt wird, muss ab 1. Februar doppelt so hohe Bußgelder zahlen
Doppelt hält besser – vor allem besser ab. Von Verkehrsverstößen. Das glaubt zumindest der Bund und hat nun einen großen Teil der Bußgelder für Verkehrssünder verdoppelt. Ab Sonntag gilt der neue Katalog, der sich an „Raser und Drängler und diejenigen, die sich rücksichtslos verhalten“ richtet. So werden gefährliche Überholmanöver künftig mit bis zu 250 statt bisher 125 Euro geahndet und Fahrer im Geschwindigkeitsrausch sollen bis zu 760 Euro Strafe zahlen. Brüssel hatte die EU-Staaten aufgefordert, ihre Sanktionen für Verkehrssünder zu überdenken.
„Die Erhöhungen dienen dazu, die Verkehrssicherheit zu steigern“, sagt ein Sprecher des Bundesministeriums für Verkehr. „Wer richtig zahlen muss, denkt nämlich zweimal nach, ob er die Gesetze übertritt.“ Beweise für diese These kann die Behörde aber nicht liefern. Denn Zahlen, die das bestätigen könnten – etwa aus anderen europäischen Staaten –, lägen momentan nicht vor, heißt es.
Höhere Strafen, weniger Unfälle – die Rechnung des Verkehrsministeriums ist einfach. Zu einfach. Denn Autofahrer lassen sich von staatlichen Drohgebärden nicht unbedingt abschrecken. „Selbst Menschen, denen eine Strafe finanziell wehtut, lassen sich manchmal nicht aufhalten“, sagt Peter Klepzig, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes niedergelassener Verkehrspsychologen (BNV). „Manche sind gestresst. Manche wollen Zeit sparen. Manche setzen sich selbst unter Druck und haben es deswegen eilig“, erklärt er. „Wiederholungstätern ist es oft gar nicht bewusst, weshalb sie rasen.“ Und auch ein Blick ins Ausland zeigt, dass finanzielle Strafen nicht unbedingt wirken: So starben 2005 in Spanien 4.442 Menschen bei Autounfällen. Damit kletterte das Land in der EU auf Platz fünf der Liste mit den meisten Verkehrstoten. Und das, obwohl Spanien europaweit den größten warnenden Zeigefinger hebt und Verkehrssündern mit diesem am tiefsten in die Tasche langt. Das Überfahren einer roten Ampel kann hier bis zu 300 Euro kosten.
Trotz der fragwürdigen Wirksamkeit befürwortet der ADAC die Anhebung der Geldstrafen. Obwohl er die Mathematikschwächen des Bundes nicht übersieht: „Höhere Bußgelder alleine bringen nichts. Deswegen gibt es das Punktesystem und Fahrverbote“, sagt Markus Schäpe, Jurist des Automobil-Clubs. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber alle Strafen erhöhen wollen. Auch die für kleinere Vergehen. „Doch das konnte durch unsere massiven Proteste abgewendet werden“, sagt Schäpe. Es dürfe schließlich nicht der Eindruck entstehen, dass man vorhabe, „zusätzliche Einnahmen für den Stadtsäckel zu erwirtschaften“.
Tatsächlich fließen die Abgaben der geschnappten Schnellfahrer und Langsambremser in die Kassen der Länder. Bisher allerdings ohne genaues Ziel. Erst vergangene Woche hatte die sächsische FDP im Landtag deshalb einen Antrag eingereicht, dass die eingenommenen Gelder in ihrem Freistaat ausschließlich für Projekte im Straßenverkehr verwendet werden sollten. Damit der Asphalt sicherer wird. Auch ohne nochmalige Bußgelderhöhung. ANNIKA KÜHN